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Friedrich Schiller »Ritter Toggenburg« – Text, Inhaltsangabe, Interpretation

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Die Ballade vom Ritter Toggenburg gehört zu Schillers lyrisch-idyllischen Werken, wodurch sie sich auch von seinen anderen Balladen unterscheidet. Ende Juli 1797 vollendet stellt er hierin die hingebungsvolle, unerfüllte Liebe des Toggenburgs zu seiner Geliebten dar, für er sein weltliches Leben hinter sich lässt.

Was dich hier über die Ballade »Ritter Toggenburg« erwartet

  1. Text des Gedichtes mit Worterklärungen und Verszählung
  2. Entstehung und Quellen des Gedichtes
  3. Idee, Inhaltsangabe und Aufbau
  4. Sprachliche Mittel

Bei den Kommentaren kannst du auch Fragen stellen.

Text der Ballade

Ritter Toggenburg

 »Ritter, treue Schwesterliebe
 Widmet Euch dies Herz,
 Fodert keine andre Liebe,
 Denn es macht mir Schmerz.
5Ruhig mag ich Euch erscheinen,
 Ruhig gehen sehn.
 Eurer Augen stilles Weinen
 Kann ich nicht verstehn.«

 Und er hörts mit stummem Harme,
10Reißt sich blutend los,
 Preßt sie heftig in die Arme,
 Schwingt sich auf sein Roß,
 Schickt zu seinen Mannen allen
 In dem Lande Schweiz1,
15Nach dem Heilgen Grab sie wallen,
 Auf der Brust das Kreuz.

 Große Taten dort geschehen
 Durch der Helden Arm,
 Ihres Helmes Büsche wehen
20In der Feinde Schwarm,
 Und des Toggenburgers Name
 Schreckt den Muselmann2,
 Doch das Herz von seinem Grame
 Nicht genesen kann.

25Und ein Jahr hat ers getragen,
 Trägts nicht länger mehr,
 Ruhe kann er nicht erjagen
 Und verläßt das Heer,
 Sieht ein Schiff an Joppes3 Strande,
30Das die Segel bläht,
 Schiffet heim zum teuren Lande,
 Wo ihr Atem weht.

 Und an ihres Schlosses Pforte
 Klopft der Pilger an,
35Ach! und mit dem Donnerworte
 Wird sie aufgetan:
 »Die Ihr suchet, trägt den Schleier,
 Ist des Himmels Braut,
 Gestern war des Tages Feier,
40Der sie Gott getraut.«

 Da verlässet er auf immer
 Seiner Väter Schloß,
 Seine Waffen sieht er nimmer,
 Noch sein treues Roß,
45Von der Toggenburg hernieder
 Steigt er unbekannt,
 Denn es deckt die edeln Glieder
 Härenes Gewand4.

 Und erbaut sich eine Hütte
50Jener Gegend nah,
 Wo das Kloster aus der Mitte
 Düstrer Linden sah;
 Harrend von des Morgens Lichte
 Bis zu Abends Schein,
55Stille Hoffnung im Gesichte,
 Saß er da allein.

 Blickte nach dem Kloster drüben,
 Blickte stundenlang
 Nach dem Fenster seiner Lieben,
60Bis das Fenster klang,
 Bis die Liebliche sich zeigte,
 Bis das teure Bild
 Sich ins Tal herunterneigte
 Ruhig, engelmild.

65Und dann legt‘ er froh sich nieder,
 Schlief getröstet ein,
 Still sich freuend, wenn es wieder
 Morgen würde sein.
 Und so saß er viele Tage,
70Saß viel Jahre lang,
 Harrend ohne Schmerz und Klage,
 Bis das Fenster klang.

 Bis die Liebliche sich zeigte,
 Bis das teure Bild
75Sich ins Tal herunterneigte,
 Ruhig, engelmild.
 Und so saß er, eine Leiche,
 Eines Morgens da,
 Nach dem Fenster noch das bleiche,
80Stille Antlitz sah.

  1. Schweiz: Der Gebrauch des Begriffs Schweiz ist hier historisch problematisch. Die Gründung der Schweiz geht auf den Bundesbrief der Urkantone Schwyz, Uri und Niederwalden zurück, der auf das Jahr 1291 datiert wird. Ebenfalls in das Jahr 1291 fällt auch der Sturz der letzten Kreuzfahrer-Bastion in Akka / Palästina.
  2. Muselmann: eine veraltete Bezeichnung für Muslime
  3. Joppe: eine alte Bezeichnung für die israelische Hafenstadt Jaffa.
  4. Härenes Gewand: das Büßergewand, eine aus Pferdehaar gefertigte, von Einsiedlern und Mönchen auf nackter Haut getragene Kleidung
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