HomeInterpretationKabale und Liebe – Interpretation, Aufbau und Konflikte des Dramas von Friedrich Schiller

Kabale und Liebe – Interpretation, Aufbau und Konflikte des Dramas von Friedrich Schiller

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3. »Kabale und Liebe« als gesellschaftlicher Spiegel zur Zeit Schillers

Schillers verarbeitet in Kabale und Liebe Eindrücke, die er selbst als Zögling (Eleve) der Karlsschule in Stuttgart gemacht hatte. Die Schule wurde 1770 als militärische Pflanzschule von Herzog Karl Eugen von Württemberg als eine Eliteschule für angesehene Familien gegründet. Der Herzog wollte die Schüler hierdurch ihren unbedingten Gehorsam zu ihm und seinen Hof binden. Die Erfahrungen, die er hier gesammelt hatte, bilden die Grundlage für die Kritik, die Schiller in seinem Drama äußert. Herzog Karl Eugen ist ihm das Vorbild für den Fürsten in seinem Drama, der zwar nicht persönlich in Erscheinung tritt, aber durch alle Höflinge aus seinem Machtbereich repräsentiert wird.

Karl Eugen regierte in Württemberg (1745–1793) nach französischem Vorbild. Verschwendungssucht und eine aufgeblasende Hofgesellschaft waren Kennzeichen seines adeligen Standeslebens. Graf Montmartin, damals leitender Minister des Herzogs, hatte sich seine eigene Stellung durch eine Intrige verschafft. Durch einen gefälschten Brief konnte er seinen Vorgänger aus dem Wege räumen. Auch die Mätressenwirtschaft war Schiller bekannt. Die Gewalt seines Monarchen hatte Schiller am eigenen Leibe erfahren müssen. Weil er sich unerlaubt aus Stuttgart entfernt hatte, um einer Vorstellung seiner Räuber in Mannheim beiwohnen zu können, wurde er arretiert. Der Herzog legte Schiller sogar ein Schreibverbot auf. Dies bewog ihn letztlich zu seiner Flucht, während der er das Drama verfasste.

Gegenüber der absolutistischen Gewalt entwickelte sich in den Städten eine bürgerliche Schicht, die sich durch ihre hohe Bildung auszeichnete. Hierzu gehören Kaufmänner und Handwerker ebenso wie Wissenschafter, Geistliche, Anwälte und der Ärztestand. Diese Schicht nahm vor ihrem Bildungshorizont ganz andere Werte an und wurde finanziell unabhängig. Auch das System Familie wandelte sich in dieser Zeit und Bevölkerungsgruppe gewaltig. Diesen Wandel weg von der Großfamilie hin zur bürgerlichen Kleinfamilie zeigt Schiller in seinem Drama durch die Familie Miller auf. Bei den Bürgerlichen entstand zunehmen eine räumliche (und zeitliche) Trennung zwischen Arbeit und Privatsphäre. Die Rollen in der Familie wurden klar geteilt. Während der Mann für Erwerb und Unterhalt der Familie zuständig war, oblag der Frau die Haushaltung und die Erziehung und Bildung der Kinder.

Die finanzielle Unabhängigkeit von Bürgern brachte auch einen Wandel bei der Wahl der Ehepartner mit sich. In der Ständegesellschaft wurden die Ehepartner aus wirtschaftlichen und ständischen Gründen von den Eltern gewählt. Dies war nun in diesem Maße nicht mehr notwendig. Die Heirat aus Liebe, bei der sich die Kinder selbst ihren Ehepartner erwählen konnten, wurde möglich. So wurde auch eine Heirat über die Standesgrenzen hinweg theoretisch denkbar. Doch die Hochzeit über die Standesgrenzen waren zum Teil sogar noch verboten. Im Mindesten aber galten sie als ein verabscheuungswürdiger Missgriff. Adelige, die sich mit Bürgerlichen verbanden, wurden daher vom Leben bei Hofe  ausgeschlossen.

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