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Kabale und Liebe – 2. Akt, 6. Szene

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FRAU. Hilf, Herr und Heiland! – Jetzt bricht auch der Alte los – über unserm Kopf wird das Wetter zusammenschlagen.

PRÄSIDENT der es nur halb gehört hat. Regt sich der Kuppler auch? – Wir sprechen uns gleich, Kuppler.

MILLER. Halten zu Gnaden. Ich heiße Miller, wenn Sie ein Adagio hören wollen – mit Buhlschaften dien ich nicht. Solang der Hof da noch Vorrat hat, kommt die Lieferung nicht an uns Bürgersleut. Halten zu Gnaden.

FRAU. Um des Himmels willen, Mann! Du bringst Weib und Kind um.

FERDINAND. Sie spielen hier eine Rolle, mein Vater, wobei Sie sich wenigstens die Zeugen hätten ersparen können.

MILLER kommt ihm näher, herzhafter. Teutsch und verständlich. Halten zu Gnaden. Euer Exzellenz schalten und walten im Land. Das ist meine Stube. Mein devotestes Kompliment, wenn ich dermaleins ein Promemoria bringe, aber den ungehobelten Gast werf ich zur Tür hinaus – Halten zu Gnaden.

PRÄSIDENT vor Wut blaß. Was? – Was ist das? Tritt ihm näher.

MILLER zieht sich sachte zurück. Das war nur so meine Meinung, Herr – Halten zu Gnaden.

PRÄSIDENT in Flammen. Ha, Spitzbube! Ins Zuchthaus spricht dich deine vermessene Meinung – Fort! Man soll Gerichtsdiener holen. Einige vom Gefolg gehen ab; der Präsident rennt voll Wut durch das Zimmer. Vater ins Zuchthaus – an den Pranger Mutter und Metze von Tochter! – Die Gerechtigkeit soll meiner Wut ihre Arme borgen. Für diesen Schimpf muß ich schreckliche Genugtuung haben – Ein solches Gesindel sollte meine Plane zerschlagen, und ungestraft Vater und Sohn aneinanderhetzen? – Ha, Verfluchte! Ich will meinen Haß an eurem Untergang sättigen, die ganze Brut, Vater, Mutter und Tochter, will ich meiner brennenden Rache opfern.

FERDINAND tritt gelassen und standhaft unter sie hin. O nicht doch! Seid außer Furcht! Ich bin zugegen. Zum Präsidenten mit Unterwürfigkeit. Keine Übereilung, mein Vater! Wenn Sie sich selbst lieben, keine Gewalttätigkeit – Es gibt eine Gegend in meinem Herzen, worin das Wort Vater noch nie gehört worden ist – Dringen Sie nicht bis in diese.

PRÄSIDENT. Nichtswürdiger! Schweig! Reize meinen Grimm nicht noch mehr.

MILLER kommt aus einer dumpfen Betäubung zu sich selbst. Schau du nach deinem Kinde, Frau. Ich laufe zum Herzog – Der Leibschneider – das hat mir Gott – eingeblasen! der Leibschneider lernt die Flöte bei mir. Es kann mir nicht fehlen beim Herzog. Er will gehen.

PRÄSIDENT. Beim Herzog, sagst du? – Hast du vergessen, daß ich die Schwelle bin, worüber du springen oder den Hals brechen mußt? – Beim Herzog, du Dummkopf? – Versuch es, wenn du, lebendig tot, eine Turmhöhe tief unter dem Boden im Kerker liegst, wo die Nacht mit der Hölle liebäugelt, und Schall und Licht wieder umkehren, raßle dann mit deinen Ketten und wimmre: Mir ist zuviel geschehen!

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