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Charakterisierung Buttler aus Friedrich Schillers »Wallenstein«

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Neben den bis jetzt genannten Heerführern ist noch Oberst Buttler hervorzuheben, der die für seinen Feldherrn Wallenstein im eigentlichen Sinne des Worts verhängnisvolle Rolle spielt. Als gemeiner Reiterbursche aus Irland gekommen, hat er seine Pflichten vierzig Jahre lang treu erfüllt und ist durch den Krieg langsam emporgestiegen, bis er von Wallenstein, dem er sich (P. I, 1) zu Dank verpflichtet weiß, zum Generalmajor vorgeschlagen worden ist. Da Questenberg selbst ihn (P. I, 2) als den Repräsentanten der Stärke bezeichnet, darf er hoffen. Die Bestätigung aus Wien her werde nicht ausbleiben, umso mehr als er ja auch eine dankbare Gesinnung bekundet, indem er (P. I,) seinem Feldherrn und dem Heer hohes Lob spendet. Aber seine Anhänglichkeit an Wallenstein gründet sich darauf, dass er etwas unter ihm geworden ist, dass er sich Macht und Reichtum erworben hat. Jetzt möchte er auch Ehre und Ansehen erwerben und strebt deshalb nach dem Grafentitel. Es ist die Frage, ob man einer so derben und wenig geschmeidigen Natur, als die er sich überall kundgibt, eine solche Auszeichnung wird zu Teil werden lassen können. Schon im Piccolomini, 1. Akt, 3. Szene ist von Empfindlichkeit und gereiztem Stolz die Rede, was sich bei einem so geraden und ehrenfesten Charakter, der sich (P. IV, 4) seiner Verdienste wohl bewusst ist, leicht erklären lässt. Die gehoffte Standeserhöhung bleibt aber aus. Das ist für den Ehrgeizigen Grund genug, am Kaiser Rache zu nehmen. Nur wünscht er, dass die übrigen Generäle, auf deren Pläne er bereitwillig eingeht, ihn nicht für einen Menschen von niedriger Gesinnung halten möchten, der ohne schwer wiegende Gründe den Pfad der Ehre verlassen könnte. Er stellt also das, was er sich in Wallensteins Dienst erspart hatte, mit Bereitwilligkeit zu dessen Verfügung und will ihm unter jeder Bedingung ergeben bleiben.

Leider aber ist Wallenstein gegen Buttler nicht aufrichtig gewesen. Er hat den Grafentitel zwar für ihn beantragt, die Verleihung aber heimlich hintertrieben. Dieser Streich, den Wallenstein in der Geschichte dem Illo spielt, und der dort ohne weitere Folgen bleibt, ist ein Umstand, den der Dichter mit psychologischem Scharfsinn und ökonomischem Geschick für sein Drama benutzt. Er lässt nämlich Wallenstein auf Buttlers Rachsucht spekulieren, den die zu erwartende Ehrenkränkung noch inniger an ihn fesseln soll. Nun aber hört Buttler von Octavio, was hinter seinem Rücken geschehen ist. Er sieht sich in seiner Laufbahn gehemmt. Jetzt betrachtet er Wallenstein als seinen Feind. Ehrfurcht war es, die ihn an den Feldherrn fesselte. Derselbe hat seine Ehre nun verletzt, er fühlt sich also verpflichtet, sie zu rächen und wird deshalb zum Verräter, ja sogar zum Mörder. Zwar fehlt es nicht an ernsten Mahnungen, die ihn von seinem heimtückischen Vorhaben zurückhalten könnten. Wallensteins ergreifende Klagen über Octavios Verrat (T. III, 10) müssten ihm in die innerste Seele dringen. Aber das bessere Gefühl wird niedergekämpft, das Verlangen nach Rache bleibt Sieger. Obwohl sonst ein klar denkender Kopf, der stets dem Wahlspruch gefolgt ist: Ein Jeder ist seines Glückes Schmid, der (T. IV, 8) selber sagt: „Den Menschen macht sein Wille groß und klein“. Kann er doch sein Vorhaben vor seinem Gewissen mit fatalistischen Scheingründen entschuldigen und sein Rachegefühl (T. IV, 8) als ein Verhängnis ansehen, das er wider seinen Willen vollstreckt. Es ist, als ob ein böser Dämon ihn triebe, mit Hast eine Tat zu vollziehen, die sein Herz bei ruhiger Überlegung notwendig verdammen muss.