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Die Räuber – Text: 2. Akt, 2. Szene

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DER ALTE MOOR lallend. Mein Fluch ihn gejagt in den Tod, gefallen mein Sohn in Verzweiflung! –

HERMANN. Den Jammer steh ich nicht aus. Lebt wohl, alter Herr! Leise zu Franz. Warum habt Ihr auch das gemacht, Junker? Geht schnell ab.

AMALIA aufspringend, ihm nach. Bleib! bleib! Was waren seine letzte Worte?

HERMANN zurückrufend. Sein letzter Seufzer war Amalia! Ab.

AMALIA. Sein letzter Seufzer war Amalia! – Nein, du bist kein Betrüger! So ist es wahr – wahr – er ist tot! – tot! – Hin und her taumelnd, bis sie umsinkt. tot – Karl ist tot –

FRANZ. Was seh ich? Was steht da auf dem Schwert? geschrieben mit Blut – Amalia!

AMALIA. Von ihm?

FRANZ. Seh ich recht, oder träum ich? Siehe da mit blutiger Schrift: Franz, verlaß meine Amalia nicht! Sieh doch! sieh doch! Und auf der andern Seite: Amalia, deinen Eid zerbrach der allgewaltige Tod! – Siehst du nun, siehst du nun? Er schriebs mit erstarrender Hand, schriebs mit dem warmen Blut seines Herzens, schriebs an der Ewigkeit feierlichem Rande! sein fliehender Geist verzog, Franz und Amalia noch zusammenzuknüpfen.

AMALIA. Heiliger Gott! es ist seine Hand. – Er hat mich nie geliebt! Schnell ab.

FRANZ auf den Boden stampfend. Verzweifelt! meine ganze Kunst erliegt an dem Starrkopf.

DER ALTE MOOR. Wehe, wehe! Verlaß mich nicht, meine Tochter! – Franz, Franz! gib mir meinen Sohn wieder!

FRANZ. Wer wars, der ihm den Fluch gab? Wer wars, der seinen Sohn jagte in Kampf und Tod und Verzweiflung? – Oh! er war ein Engel! ein Kleinod des Himmels. Fluch über seine Henker! Fluch, Fluch über Euch selber! –

DER ALTE MOOR schlägt mit geballter Faust wider Brust und Stirn. Er war ein Engel, war Kleinod des Himmels! Fluch, Fluch, Verderben, Fluch über mich selber! Ich bin der Vater, der seinen großen Sohn erschlug. Mich liebt‘ er bis in den Tod! mich zu rächen, rannte er in Kampf und Tod! Ungeheuer, Ungeheuer! Wütet wider sich selber.

FRANZ. Er ist dahin, was helfen späte Klagen? Höhnisch lachend. Es ist leichter morden, als lebendig machen. Ihr werdet ihn nimmer aus seinem Grabe zurückholen.

DER ALTE MOOR. Nimmer, nimmer, nimmer aus dem Grabe zurückholen! Hin, verloren auf ewig! – Und du hast mir den Fluch aus dem Herzen geschwätzt, du – du – Meinen Sohn mir wieder!

FRANZ. Reizt meinen Grimm nicht. Ich verlaß Euch im Tode! –

DER ALTE MOOR. Scheusal! Scheusal! Schaff mir meinen Sohn wieder! Fährt aus dem Sessel, will Franzen an der Gurgel fassen, der ihn zurückschleudert.

FRANZ. Kraftlose Knochen, ihr wagt es – sterbt! verzweifelt! Ab.

DER ALTE MOOR. Tausend Flüche donnern dir nach! Du hast mir meinen Sohn aus den Armen gestohlen. Voll Verzweiflung hin und her geworfen im Sessel. Wehe, wehe! Verzweifeln, aber nicht sterben! – Sie fliehen, verlassen mich im Tode – meine gute Engel fliehen von mir, weichen alle die Heilige vom eisgrauen Mörder – Wehe! Wehe! will mir keiner das Haupt halten, will keiner die ringende Seele entbinden? Keine Söhne! keine Töchter! keine Freunde! – Menschen nur – Will keiner, allein – verlassen – Wehe! Wehe! – Verzweifeln, aber nicht sterben!

Amalia mit verweinten Augen.

DER ALTE MOOR. Amalia! Bote des Himmels! Kommst du, meine Seele zu lösen?

AMALIA mit sanfterem Ton. Ihr habt einen herrlichen Sohn verloren.

DER ALTE MOOR. Ermordet willst du sagen. Mit diesem Zeugnis belastet tret ich vor den Richterstuhl Gottes.

AMALIA. Nicht also, jammervoller Greis! der himmlische Vater rückt‘ ihn zu sich. Wir wären zu glücklich gewesen auf dieser Welt. – Droben, droben über den Sonnen – Wir sehn ihn wieder.

DER ALTE MOOR. Wiedersehen, wiedersehen! Oh es wird mir durch die Seele schneiden ein Schwert – Wenn ich ein Heiliger ihn unter den Heiligen finde – mitten im Himmel werden durch mich schauern Schauer der Hölle! im Anschauen des Unendlichen mich zermalmen die Erinnerung: Ich hab meinen Sohn ermordet!

AMALIA. Oh, er wird Euch die Schmerzerinnerung aus der Seele lächeln, seid doch heiter, lieber Vater! ich bins so ganz. Hat er nicht schon den himmlischen Hörern den Namen Amalia vorgesungen auf der seraphischen Harfe, und die himmlischen Hörer lispelten leise ihn nach? Sein letzter Seufzer war ja, Amalia! wird nicht sein erster Jubel, Amalia! sein?

DER ALTE MOOR. Himmlischer Trost quillt von deinen Lippen! Er wird mir lächeln, sagst du? Vergeben? du mußt bei mir bleiben, Geliebte meines Karls, wenn ich sterbe.

AMALIA. Sterben ist Flug in seine Arme. Wohl Euch! Ihr seid zu beneiden. Warum sind diese Gebeine nicht mürb? warum diese Haare nicht grau? Wehe über die Kräfte der Jugend! Willkommen, du markloses Alter! näher gelegen dem Himmel und meinem Karl.

Franz tritt auf.

DER ALTE MOOR. Tritt her, mein Sohn! Vergib mir, wenn ich vorhin zu hart gegen dich war! Ich vergebe dir alles. Ich möchte so gern im Frieden den Geist aufgeben.

FRANZ. Habt Ihr genug um Euren Sohn geweint? Soviel ich sehe, habt Ihr nur einen.

DER ALTE MOOR. Jakob hatte der Söhne zwölf, aber um seinen Joseph hat er blutige Tränen geweint.

FRANZ. Hum!

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