AMALIA blaß. Was? Sie lieben eine andre? – Weh mir, was hab ich gesagt?
MOOR. Sie glaubt mich tot, und blieb treu dem Totgeglaubten – sie hörte wieder, ich lebe, und opferte mir die Krone einer Heiligen auf. Sie weiß mich in Wüsten irren, und im Elend herumschwärmen, und ihre Liebe fliegt durch Wüsten und Elend mir nach. Auch heißt sie Amalia wie Sie, gnädiges Fräulein.
AMALIA. Wie beneid ich ihre Amalia.
MOOR. Oh sie ist ein unglückliches Mädchen! ihre Liebe ist für einen, der verloren ist, und wird – ewig niemals belohnt.
AMALIA. Nein, sie wird im Himmel belohnt. Sagt man nicht, es gebe eine bessere Welt, wo die Traurigen sich freuen, und die Liebenden sich wiedererkennen?
MOOR. Ja, eine Welt, wo die Schleier hinwegfallen und die Liebe sich schröcklich wiederfindet – Ewigkeit heißt ihr Name – Meine Amalia ist ein unglückliches Mädchen.
AMALIA. Unglücklich, und Sie lieben?
MOOR. Unglücklich, weil sie mich liebt! wie, wenn ich ein Totschläger wäre? Wie, mein Fräulein? wenn Ihr Geliebter Ihnen für jeden Kuß einen Mord aufzählen könnte? Wehe meiner Amalia! Sie ist ein unglückliches Mädchen.
AMALIA froh aufhüpfend. Ha, wie bin ich ein glückliches Mädchen! Mein Einziger ist Nachstrahl der Gottheit, und die Gottheit ist Huld und Erbarmen! Nicht eine Fliege konnt er leiden sehen – Seine Seele ist so fern von einem blutigen Gedanken, als fern der Mittag von der Mitternacht ist.
Moor kehrt sich schnell ab in ein Gebüsch, blickt starr in die Gegend.
AMALIA singt und spielt auf der Laute.
Willst dich, Hektor, ewig mir entreißen,
Wo des Äaciden mordend Eisen
Dem Patroklus schröcklich Opfer bringt?
Wer wird künftig deinen Kleinen lehren,
Speere werfen und die Götter ehren,
Wenn hinunter dich der Xanthus schlingt?
MOOR nimmt die Laute stillschweigend und spielt.
Teures Weib, geh, hol die Todeslanze! –
Laß – mich fort – zum wilden Kriegestanze –
Er wirft die Laute weg und flieht davon.