Königin. Marquis von Posa.
Königin.
Ach, endlich, Marquis! Glücklich, daß Sie kommen!
Marquis (bleich, mit zerstörtem Gesicht, bebender Stimme und durch diesen ganzen Auftritt in feierlicher, tiefer Bewegung).
Sind Ihre Majestät allein? Kann Niemand
In diesen nächsten Zimmern uns behorchen?
Königin.
Kein Mensch – Warum? Was bringen Sie?
(Indem sie ihn genauer ansieht und erschrocken zurück tritt.)
Und wie
So ganz verändert! Was ist das? Sie machen
Mich zittern, Marquis – alle Ihre Züge
Wie eines Sterbenden entstellt –
Marquis.
Sie wissen
Vermuthlich schon –
Königin.
Daß Carl gefangen worden,
Und zwar durch Sie, setzt man hinzu – So ist
Es dennoch wahr? Ich wollt‘ es keinem Menschen
Als Ihnen glauben.
Marquis.
Es ist wahr.
Königin.
Durch Sie?
Marquis.
Durch mich.
Königin (sieht ihn einige Augenblicke zweifelhaft an).
Ich ehre Ihre Handlungen,
Auch wenn ich sie nicht fasse – diesmal aber
Verzeihen Sie dem bangen Weib – Ich fürchte,
Sie spielen ein gewagtes Spiel.
Marquis.
Ich hab‘ es
Verloren.
Königin.
Gott im Himmel!
Marquis.
Sei’n Sie
Ganz ruhig, meine Königin. Für ihn
Ich schon gesorgt. Ich hab‘ es mir verloren.
Königin.
Was werd‘ ich hören! Gott!
Marquis.
Denn wer,
Wer hieß auf einen zweifelhaften Wurf
Mich Alles setzen? Alles? so verwegen,
So zuversichtlich mit dem Himmel spielen?
Wer ist der Mensch, der sich vermessen will,
Des Zufalls schweres Steuer zu regieren,
Und doch nicht der Allwissenden zu sein?
O, es ist billig! – Doch warum denn jetzt
Von mir? Der Augenblick ist kostbar, wie
Das Leben eines Menschen! Und wer weiß,
Ob aus des Richters karger Hand nicht schon
Die letzten Tropfen für mich fallen?