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Don Carlos – 4. Akt, 21. Auftritt

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Königin.
Aus
Des Richters Hand? – Welch feierlicher Ton!
Ich fasse nicht, was diese Reden meinen,
Doch sie entsetzen ich –

Marquis.
Er ist gerettet!
Um welchen Preis er’s ist, gleichviel! Doch nur
Für heute. Wenig Augenblicke sind
Noch sein. Er spare sie. Noch diese Nacht
Muß er Madrid verlassen.

Königin.
Diese Nacht noch?

Marquis.
Anstalten sind getroffen. In demselben
Karthäuserkloster, das schon lange Zeit
Die Zuflucht unsrer Freundschaft war gewesen,
Erwartet ihn die Post. Hier ist in Wechseln,
Was mir das Glück auf dieser Welt gegeben.
Was mangelt, legen Sie noch bei. Zwar hätt‘ ich
An meinen Carl noch Manches auf dem Herzen,
Noch Manches, das er wissen muß; doch leicht
Könnt‘ es an Muße mir gebrechen, Alles
Persönlich mit ihm abzuthun – Sie sprechen
Ihn diesen Abend, darum wend‘ ich mich
An Sie –

Königin.
Um meiner Ruhe willen, Marquis,
Erklären Sie sich deutlicher – nicht in
So fürchterlichen Räthseln reden Sie
Mit mir – Was ist geschehn?

Marquis.
Ich habe noch
Ein wichtiges Bekenntniß abzulegen;
In Ihre Hände leg‘ ich’s ab. Mir ward
Ein Glück, wie es nur Wenigen geworden;
Ich liebte einen Fürstensohn – Mein Herz,
Nur einem Einzigen geweiht, umschloß
Die ganze Welt! – In meines Carlos‘ Seele
Schuf ich ein Paradies für Millionen.
O, meine Träume waren schön – Doch es
Gefiel der Vorsehung, mich vor der Zeit
Von meiner schönen Pflanzung abzurufen.
Bald hat er seinen Roderich nicht mehr,
Der Freund hört auf in der Geliebten. Hier,
Hier – hier – auf diesem heiligen Altare,
Im Herzen seiner Königin leg‘ ich
Mein letztes kostbares Vermächtniß nieder,
Hier find‘ er’s, wenn ich nicht mehr bin –
(Er wendet sich ab, Thränen ersticken seine Stimme.)

Königin.
Das ist
Die Sprache eines Sterbenden. Doch hoff‘ ich,
Es ist nur Wirkung Ihres Blutes – oder
Liegt Sinn in diesen Reden?

Marquis (hat sich zu sammeln gesucht und fährt mit festerm Tone fort).
Sagen Sie
Dem Prinzen, daß er denken soll des Eides,
Den wir in jenen schwärmerischen Tagen
Auf die getheilte Hostie geschworen.
Den meinigen hab‘ ich gehalten, bin
Ihm treu geblieben bis zum Tod – jetzt ist’s
An ihm, den seinigen –

Königin.
Zum Tod?

Marquis.
Er mache –
O, sagen Sie es ihm! das Traumbild wahr,
Das kühne Traumbild eines neuen Staates,
Der Freundschaft göttliche Geburt. Er lege
Die erste Hand an diesen rohen Stein.
Ob er vollende oder unterliege –
Ihm einerlei! Er lege Hand an. Wenn
Jahrhunderte dahin geflohen, wird
Die Vorsicht einen Fürstensohn, wie er,
Auf einen Thron, wie seiner, wiederholen
Und ihren neuen Liebling mir derselben
Begeisterung entzünden. Sagen Sie
Ihm, daß er für die Träume seiner Jugend
Soll Achtung tragen, wenn er Mann sein wird,
Nicht öffnen soll dem tödtenden Insekte
Gerühmter besserer Vernunft das Herz
Der zarten Götterblume – daß er nicht
Soll irre werden, wenn des Staubes Weisheit
Begeisterung, die Himmelstocher, lästert.
Ich hab‘ es ihm zuvor gesagt –

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