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Don Carlos – 5. Akt, 3. Auftritt

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Marquis.
Bis hierher bin ich ohne Schuld. Doch bald
Verrathen mich die ungewohnten Strahlen
Der neuen königlichen Gunst. Der Ruf
Dringt bis zu dir, wie ich vorhergesehn.
Doch ich, von falscher Zärtlichkeit bestochen,
Von stolzem Wahn geblendet, ohne dich
Das Wagestück zu enden, unterschlage
Der Freundschaft mein gefährliches Geheimniß.
Das war die große Uebereilung! Schwer
Hab‘ ich gefehlt. Ich weiß es. Raserei
Was meine Zuversicht. Verzeih – sie war
Auf deiner Freundschaft Ewigkeit gegründet.

(Hier schweigt er. Carlos geht aus seiner Versteinerung in lebhafte Bewegung über.)

Was ich befürchtete, geschieht. Man läßt
Dich zittern vor erdichteten Gefahren.
Die Königin in ihrem Blut – das Schrecken
Des wiederhallenden Palastes – Lermas
Unglückliche Dienstfertigkeit – zuletzt
Mein unbegreifliches Verstummen, Alles
Bestürmt dein überraschtes Herz – Du wankst –
Gibst mich verloren – Doch, zu edel selbst,
An deines Freundes Redlichkeit zu zweifeln,
Schmückst du mit Größe seinen Abfall aus;
Nun erst wagst du, ihn treulos zu behaupten,
Weil du noch treulos ihn verehren darfst.
Verlassen von dem Einzigen, wirfst du
Der Fürstin Eboli durch in die Arme –
Unglücklicher! in eines Teufels Arme;
Denn diese war’s, die dich verrieth. (Carlos steht auf.) Ich sehe
Dich dahin eilen. Eine schlimme Ahnung
Fliegt durch mein Herz. Ich folge dir. Zu spät.
Du liegst zu ihren Füßen. Das Geständniß
Floh über deine Lippen schon. Für dich
Ist keine Rettung mehr –

Carlos.
Nein, nein! Sie war
Gerührt. Du irrest dich. Gewiß war sie
Gerührt.

Marquis.
Da wird es Nacht vor meinen Sinnen.
Nichts – nichts – kein Ausweg – keine Hilfe – keine,
Im ganzen Umkreis der Natur! Verzweiflung
Macht mich zur Furie, zum Thier – ich setze
Den Dolch auf eines Weibes Brust – Doch jetzt –
Jetzt fällt ein Sonnenstrahl in meine Seele.
»Wenn ich den König irrte? Wenn es mir
Gelänge, selbst der Schuldige zu scheinen?
Wahrscheinlich oder nicht! – Für ihn genug,
Scheinbar genug für König Philipp, weil
Es übel ist. Es sei! ich will es wagen.
Vielleicht ein Donner, der so unverhofft
Ihn trifft, macht den Tyrannen stutzen – und
Was will ich mehr? Er überlegt, und Carl
Hat Zeit gewonnen, nach Brabant zu flüchten.«

Carlos.
Und das – das hättest du gethan?

Marquis.
Ich schreibe
An Wilhelm von Oranien, daß ich
Die Königin geliebt, daß mir’s gelungen,
In dem Verdacht, der fälschlich dich gedrückt,
Des Königs Argwohn zu entgehn, daß ich
Durch den Monarchen selbst den Weg gefunden,
Der Königin mich frei zu nahn. Ich setze
Hinzu, daß ich entdeckt zu sein besorge,
Daß du, von meiner Leidenschaft belehrt,
Zur Fürstin Eboli geeilt, vielleicht
Durch ihre Hand die Königin zu warnen –
Daß ich dich hier gefangen nahm und nun,
Weil Alles doch verloren, Willens sei,
Nach Brüssel mich zu werfen – Diesen Brief –

Carlos (fällt ihm erschrocken ins Wort).
Hat du der Post doch nicht vertraut? Du weißt,
Daß alle Briefe nach Brabant und Flandern –

Marquis.
Dem König ausgeliefert werden – Wie
Die Sachen stehn, hat Taxis seine Pflicht
Bereits gethan.

Carlos.
Gott, so bin ich verloren!

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