Sonnabend früh 1
Wie sehne ich mich nach Nachrichten von Euch, Ihr Liebsten! Mir ist, wie 4 Wochen vor unsrer Heirath, so leer, so einsam unter allem, was mich umgiebt. Seit gestern bin ich nicht ausgegangen, und die langerwartete Krankheit ist gekommen.
Vorgestern Abends nach 9 Uhr ging ich noch zu Paulus, wo wir bis 11 geplaudert haben. Vielleicht bitte ich sie heute Abend zu mir, wenn sie nicht auf den Ball gehen. Der Mag. Vischer, den Du doch kennst Lotte, hat ihn veranstaltet, um mit der Fräulein v. Götz tanzen zu können. Er ist glücklich wie ein Seliger im Himmel.
Eben erhalte ich Eure Briefe, Ihr Lieben. Ich danke Euch. Laßt nur die chère Mère nicht krank werden; und ich bitte Euch, wenn ihr etwas auf dem Herzen drückt, bringt sie dahin, daß sie sich darüber ausspricht. Über Deinen Brief, meine Line, das nächstemal. Ich fürchte mein Brief kommt nicht mehr fort. An Hubern will ich nächste Woche schreiben.
Lebt wohl meine Theuersten. Ich umschließe Euch. Richte Dich nach den Wünschen der chère Mère liebstes Herz, aber wenn Du Montag nicht kommen kannst, so schreib mirs, wo möglich durch die Familie. Lebt wohl, lebt wohl.
- Juli 1790. ↩