HomeBriefeAn Caroline von BeulwitzSchiller an Lotte v. Lengefeld und Caroline v. Beulwitz, 18. Januar 1790

Schiller an Lotte v. Lengefeld und Caroline v. Beulwitz, 18. Januar 1790

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Montag Abends 1.

Ich bin glücklich wieder in Jena angekommen meine Lieben, und fand einen Brief von Körnern, der euch mit seinen zwey Frauen schönstens grüßen läßt. Bey diesen schönen Grüßen wollen wir es auch lassen, und recht freundschaftlich seyn; mit den Frauen, meyn ich, denn mit Körnern versteht sichs ohnehin.

Gestern und vorgestern hatten wir doch wieder zwey schöne Tage zusammen, so still und so glücklich in uns selbst. Diese Genüsse werden noch steigen, wenn sie durch Beschäftigungen unterbrochen und erkauft werden, und wenn sie durch die gleichförmige Fortdauer das Eilfertige verlieren. Schöne, selige Zukunft und wie nahe ligt sie vor uns, wie gewiß ist sie!

Wegen des Raums in unserm Logis habe ich meine Demoiselles heute gesprochen, aber sie haben mich überführt, daß es eine positive Unmöglichkeit ist, mehr Platz zu bekommen. Auch ist in der Nachbarschaft weit und breit kein Logis für Line. Ich habe aber eine Auskunft entdeckt, die uns für diese wenigen Monate aus der Verlegenheit ziehen kann; es kommt jetzt nur darauf an, ob sie euch anständig ist.

Nehmt also meinen Riß zur Hand und vergleicht ihn, mit dem was ich jezt sage. Das Zimmer, das ich durch eine bretterne Wand habe theilen wollen, bliebe, mit sammt dem Alcove ganz für die Simmern u: die Köchinn. Zwey Betten haben im Alcove Platz, und so haben sie das ganze Zimmer rey, worinn wir auch Coffre und Schränke stellen, und uns frisieren lassen können. Nun muß aber eine von euch beyden sich gefallen lassen, daß zwey Betten in ihrem Zimmer hinter einer Tapete gestellt werden. Ich dächte, das ließe sich ohne Unbequemlichkeit ertragen; habt ihr doch 6 Wochen in Lauchstädt, zwischen lauter Betten in einem noch engern Zimmer ganz vergnügt gelebt. Allein kann jedes von euch seyn, weil man auch in einem Zimmer mit Betten ungestört seyn kann. Ein Zimmer bleibt ganz frey, wo die andere wohnt, und so wird die Ehre vom Hause gerettet. Auch die Decenz wird nicht verletzt, denn das Zimmer hat seinen eigenen Eingang und die Seitenthüre kann ganz verschlossen gehalten werden. Für den Heinrich ist ein honettes Zimmer zum Schlafen gefunden, nicht in der bewußten verdächtigen Nachbarschaft. Es ist biss jetzt als Holzplatz gebraucht worden, ist aber eine Kammer, und kann ganz gut gebraucht werden. Nun, dächte ich, liessen wirs dabey bewenden. Auch die chère mère könnte im Hause wohnen, im Falle sich das auditorium nicht bekommen liesse und kein ander Logis sich fände. Dann müßte aber die Simmern und die Köchinn für die wenigen Tage im Gasthof schlafen.

Ich überlasse jezt alles eurer Disposition; ein Vortheil bey meinem Vorschlag ist auch dieses, dass wir keine Unkosten wegen der Reparatur in den Zimmern haben. Alles bleibt dann, wie es ist.

Mit Sehnsucht, meine lieben, erwarte ich den Anfang des Februars, wo die Wünsche aufhören, und die Freuden anfangen werden. Mein Herz umschließt euch mit zärtlicher Liebe. Lebt wohl meine Theuersten, meine geliebtesten. Lebt wohl!

S.

  1. Januar 1790