[Volkstädt, den 26. Mai Montag 1788.]
Ich hoffe, daß Ihnen allen die gestrige Partie so gut bekommen sey, wie mir. Es war ein gar lieblicher, vertraulicher Abend, der mir für diesen Sommer die schönsten Hoffnungen gibt. Mehr solche Abende und in so lieber Gesellschaft – mehr verlange ich nicht. Rudolfstadt und diese Gegend überhaupt soll, wie ich hoffe, der Hain der Diane für mich werden; denn seit geraumer Zeit geht mirs wie dem Orest in Goethens Iphigenia, den die Eumeniden herumtreiben. Den Muttermord freilich abgerechnet und statt der Eumeniden etwas anderes gesetzt, das am Ende nicht viel besser ist. Sie werden die Stelle der wohltätigen Göttinnen bei mir vertreten und mich vor den bösen Unterirdischen beschützen.
Diesen Abend werde ich Sie wohl schwerlich sehn. Ich tauge heute gar nicht unter Menschen, und unter solche, die ich liebe, noch weit weniger. Sie werden es auch diesem kleinen Pröbchen anmerken. Nichts ist in meinen Augen unverzeihlicher, als einen Cirkel von Fröhlichen mit seinem schwerfälligen Humor zu stören – und diese Wandelbarkeit der Laune ist leider ein Fluch, der auf allen Musensöhnen ruht.
Gedenken Sie meiner in der Gesellschaft wo Sie sind und empfehlen Sie mich Herrn von Knebel recht schön, wenn ich ihn vielleicht nicht mehr sehn sollte. Bitten Sie ihn seines Versprechens zu gedenken. Haben Sie für morgen etwas beschlossen, wonach ich mich allenfalls zu richten habe, so haben Sie die Güte, es mich durch die zurückgehende Estaffette wissen zu lassen.
Leben Sie recht wohl!
Schiller.