Jena, 29. August [Sonnabend] 1789.
Nur zwei Worte, meine Lieben, es ist Posttag und ich kann ihn nicht vorübergehen lassen, ohne Euch zu grüßen. Der Himmel ist heute so heiter, und meine Seele ist es auch – eben dacht ich, wie schön es wäre, wenn ich nur von einem Zimmer ins andre zu gehen brauchte, um bei Euch zu seyn. Ach, wenn es erst so weit seyn wird! Wenn ich jedes aufglimmende Gefühl meiner Seele sogleich in euer Herz überströmen kann!
Ich vermuthe Euch jetzt im Garten, der reine Himmel über Euch und in Euch, vielleicht denkt Ihr meiner. Ja, Ihr denkt an mich – eine leise Ahnung sagt es mir – unsre Seelen sind einander gegenwärtig.
Als ich neulich schrieb, war ich in einer nicht ganz fröhlichen Stimmung, und jezt fürchte ich, daß meine Briefe Spuren davon trugen. Ich war lange nicht aus dem Zimmer gekommen, und Arbeiten ohne Interesse hatten meinen Kopf ermüdet. Weil mein Gemüth etwas reizbar war, so drückte mich der Gedanke, von Euch entfernt zu seyn, hier so verlassen zu seyn, nieder. Wenn ich Euch diese Stimmung mitteilte, so vergebt es mir, und seid heute heiter mit mir.
Erhalte ich heute vielleicht einen Brief? – Wenn mir einer bescheiden ist, so muß ich ihn in einer halben Stunde haben. Ich erwarte keinen, aber ganz kann ich die Hoffnung doch nicht aufgeben.
Adieu, meine Theuersten! Ich drücke euch an mein Herz.
Schiller.