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Schiller an Martin Wieland, 17. Oktober 1801

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Weimar, 17. Oktober [Sonnabend] 1801.

Sie haben mir, mein herzlich verehrter Freund, zu Anfang dieses Jahres mit Ihrem Sokrates und seiner Freundin Lais ein so angenehmes Geschenk gemacht, daß ich herzlich wünsche, es auf meine Art, d. h. so gut als ichs habe, wieder wett machen zu können. Anstatt einer Hetäre sende ich Ihnen hier eine Jungfrau, und möchte diese nur keine schlechtere Figur unter den Jungfrauen spielen, als Ihre Lais unter den Freundinnen.

Beide haben übrigens dieses mit einander gemein, daß sie zwei übel berüchtigte u. liebenswürdige Damen wieder zu Ehren zu bringen suchen, u Sie werden mir zugeben, daß Voltaire sein Möglichstes gethan, einem dramatischen Nachfolger das Spiel schwer zu machen. Hat er seine Pücelle zu tief in den Schmutz herabgezogen, so habe ich die meinige vielleicht zu hoch gestellt. Aber hier war nicht anders zu helfen, wenn das Brandmal, das er seiner Schönen aufdrückte, sollte ausgelöscht werden.

Leben Sie wohl mit Ihrem ganzen Hause.

Schiller.