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Schiller an Friedrich Jacobi, 29. Juni 1795

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Jena, den 29. Juni [Montag] 1795.

Ich hätte es nicht so lange anstehen lassen, Ihnen, mein vortreflicher Freund, meine Freude über Ihren Brief zu bezeugen, wenn ich nicht befürchtet hätte, Sie dadurch zu mahnen, welches auch einen sonst angenehmen Besuch lästig machen kann. Jetzt aber, da Sie mir durch Hrn. v. Humboldt Hoffnung zu einer nahen Erfüllung Ihres Versprechens geben, kann ich ohne die Gefahr einer Zudringlichkeit mein Andenken bei Ihnen erneuern.

Die Aussicht, bald einen Beitrag von Ihnen zu erhalten, ist mir in jeder Rücksicht äußerst angenehm. In jeder Spur, worin er sich abdrückt, erfreut mich Ihr origineller Genius, und er wird mich nur um so mehr erfreuen, wenn ich ihm auf meinem eigenen Felde begegne, das er mir neu machen wird. –

Was Sie mir durch Göthe über die erste Lieferung meiner ästhetischen Briefe haben sagen lassen, hat mich nicht wenig erfreut. Ich darf bei dem Gang, den ich nehme, vor der Hand wenigstens, auf keinen großen Anhang rechnen, da ich es sowohl mit den empirischen als mit den rationalen Aesthetikern verderben mußte. Indessen habe ich noch immer guten Muth und werde, wenn die Götter wollen, meinen Weg mit Beharrlichkeit auslaufen. Da wo ich bloß niederreiße und gegen andere Lehrmeinungen offensiv verfahre, bin ich streng kantisch; nur da wo ich aufbaue, befinde ich mich in Opposition gegen Kant. Indessen schreibt er mir, daß er mit meiner Theorie ganz zufrieden sey; ich weiß also doch noch nicht recht, wie ich gegen ihn stehe. – –