Jena, den 17. Febr. 90. [Mittwoch.]
Haben Sie Dank, beste Mama, daß Sie meinen Wunsch sobald erfüllt und mir die Zeugnisse zugeschickt haben. Das Aufgebot ist am letzten Sonntag vor sich gegangen und von dem hiesigen Superintendent mit vielen Glückwünschen begleitet worden. Vor der Welt bin ich also jetzt schon Ihr Sohn, und noch wenige Tage, so bin ich es in der schönsten Bedeutung des Wortes. Umsonst, theuerste Mama, würde ich versuchen Ihnen die Freude zu beschrieben, wovon meine Seele jetzt durchdrungen ist. Ich sehe mich dem Ziele meiner Wünsche nahe, ein schönes heitres Leben erwartet mich in den Armen meiner Lotte. Mit der glückseligsten Ruhe sehe ich in die Zukunft, nichts soll unsre Glückseligkeit zerstören, selbst Schicksale werden es nicht können. Ja ich hoffe mit Zuversicht, daß Sie sich freuen sollen, Lottchens Glück meiner Liebe anvertraut zu haben, daß Sie in jedem künftigen Augenblick eben so davon denken sollen, als heute, und ebenso bereit seyn sollen, wenn es bey Ihnen stände, Ihre Wahl zu wiederhohlen. Nicht Selbstzufriedenheit sondern meine herzliche Liebe für Lotten legt mir dieses Geständniß in den Mund.
Wir erwarten Sie, beste Mama, mit Sehnsucht. Wie viel ist geschehen, seitdem wir Sie zum letztenmal sahen, und wie verlangt mich die Bestätigung ihrer mütterlichen Liebe in Ihren Augen zu lesen, und die Dankbarkeit, die herzliche Liebe, die Freude, welche meine Seele füllen, und die ich mit Worten nicht aussprechen kann, in unserm stillen und fröhlichen Zirkel offenbaren zu können. Der Himmel führe sie nur gesund zu uns, alles übrige hat er in unsre Hand gegeben.
Morgen, als den Donnerstag, gehe ich von hier ab nach Erfurt, um meine Braut abzuhohlen, und dem Coadjutor zugleich einen Besuch abzutragen, den ich den ganzen Winter aufschob, und den meine Verhältnisse zu ihm nothwendig machen. Montags zwischen 10 und 11, denke ich, werden wir in Kala eintreffen und Sie bald dort finden.
Ewig in unwandelbarer Ehrfurcht und Liebe
Ihr dankbarster Sohn
Schiller.