HomeBriefeAn seine ElternSchiller an Johann Schiller, 10. März 1790

Schiller an Johann Schiller, 10. März 1790

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Jena d. 10. März [Mittwoch] 90.

Ihr Stillschweigen, liebster Vater beunruhigt mich aufs äußerste. Auf 2 Briefe die ich Ihnen schon seit dem Januar schrieb, und worinn ich Sie bat mich auch nur in einigen Zeilen von dem Gesundheitszustand meiner lieben Mutter zu benachrichtigen, habe ich keine Antwort erhalten. Weil ich jeden Posttag darauf wartete, um Ihnen wieder zu schreiben, so unterblieb dieses immer. Ich kann aber nicht länger in dieser peinlichen Ungewißheit seyn. Lassen Sie mich doch mit der ersten Post etwas entscheidendes von dem Zustand meiner lieben Mutter wissen, und wenn Sie selbst nicht Zeit haben zu schreiben, so kann es ja Louise thun. Seit dem 22sten Februar bin ich mit meiner lieben Lotte verheurathet und nichts fehlt nun zu meinem Glücke, als daß ich wegen der lieben Meinigen außer Sorgen gesetzt bin. Ich lebe die glücklichsten Tage, und noch nie war mir so wohl, als wie jetzt in meinem häußlichen Kreise. Unsre öconomische Einrichtung ist über alle meine Wünsche gut ausgefallen, und die Ordnung, der Anstand, den ich um mich herum erblicke, dient sehr dazu, meinen Geist aufzuheitern. Könnten Sie Sich beste Eltern nur auf einen Augenblick zu mir versetzen, Sie würden sich des Glücks Ihres Sohns erfreuen.

Meine Schwägerin, die Hofräthin von Beulwitz ist gegenwärtig auch bey mir, und wird den Frühling und den Anfang des Sommers, so lange ihr Mann noch auf Reisen ist, bey mir zubringen. Meine Schwiegermutter war auf 8 Tage hier bey der Hochzeit und sie versichert Sie und meine liebe Mutter ihrer herzlichen Achtung; an der Gesundheit der Mama nimmt sie großen Theil und wünscht ihr von Herzen baldige Besserung. In 3 Wochen gehen meine Osterferien an, und dann werde ich einen Monat in Rudolstadt leben. Meine Frau und ich sind gottlob bei bester Gesundheit; meine Frau wird einige Zeilen an Sie beilegen.

Unsre Trauung geschah ganz in der Stille auf einem Dorfe bei Jena; eine förmliche Hochzeit haben wir gar nicht gemacht, so daß die Unkosten sehr gering waren. Meine Frau ist ganz eingerichtet zu mir gekommen, und alles was zur Haushaltung gehört, hat meine Schwiegermutter gegeben. Die ganze Familie gab mir Versicherungen ihres herzlichsten Antheils und auch von dieser Seite habe ich alle Ursache, zufrieden zu seyn.

Ich erwarte bloß Nachrichten von Ihnen beste Eltern, um Ihnen mehr zu schreiben. Der Himmel nehme Sie in seinen gnädigen Schutz und schenke Ihnen und meinen lieben Schwestern Freude und Gesundheit. Herzlich umarme ich Sie alle und bin mit der zärtlichsten Liebe Ihr

Ewig dankbarer Sohn

Fritz.