HomeBriefeAn Wilhelm v. WolzogenSchiller an Wilhelm v. Wolzogen, 23. März 1788

Schiller an Wilhelm v. Wolzogen, 23. März 1788

Bewertung:
(Stimmen: 0 Durchschnitt: 0)

Weimar d. 23 März [Sonntag] 88.

Dank Ihnen liebster Freund für Ihr gütiges Andenken an mich und die angenehmen Nachrichten, die Sie mir gegeben haben. Wie sehr wünschte ich zugleich auch von Ihnen gehört zu haben, daß Sie mit Ihrem Auffenthalt in Stuttgardt ausgesöhnt wären, Darinn, m. Bester, bin ich doch nicht ganz mit Ihnen einig, dass Sie mir die hiesige Welt auf Unkosten meines Vaterlands soviel gewinnen laßen. Haben Sie sich auch schon gefragt, ob es Ihnen darinn nicht geht wie vielen und wie es mir selbst oft gegangen ist, daß Sie da nur nicht gerne sind, wo Sie seyn müssen? Toleranz liebster Freund müssen Sie nun einmal in alle Winkel der Welt mitbringen und es ist die Frage, ob sie Ihnen überall so belohnt wird, wie unter der gutartigen und kraftvollen Race der Schwaben? Wenigstens gestehen Sie ein, daß meine Landsleute und das Land keine Schuld haben, wenn der Auffenthalt bei ihnen nicht der wünschenswürdigste ist.

Was Sie mir von meiner lieben Familie schreiben hat mich gerührt und beschämt. Wie schwer drücken mich doch die UnterlassungsSünden der Breifstellerey! Wenn ich nicht gleich an meinen Vater einen Brief hier einschließen sollte, so bitte ich Sie recht sehr mein bester, meinem Hause recht viel Grüße von mir zu bringen. Carlos wird zu 2 Exemplarien an der Erhardischen Buchhandl. in Leipzig abgeliefert werden, wenn Sie eins meinem Vater zuzuschicken die Güte haben mögen. So auch das 2te 3te 4te und nun neu herauskommende 5te Heft der Thalia. Das erste werden sowohl Sie als mein Vater haben. Die Thalia wird mit dem sechsten Heft aufhören, weil es mir unmöglich ist zugleich daran und am T. Merkur zu arbeiten, der jezt stark auf meinem [Ge]wissen liegt. Haben Sie nun noch die Güte dem Repertorium meine Anthologie nebst dem Venuswagen beizulegen.

Frau von Kalb ist jezt auf ihrem Gut Waltershausen in der Nachbarschaft Ihrer Mutter. Fräulein von Lengenfeld ist noch hier und in der That meine liebste Gesellschaft. Mlle. Schmidt ist fast immer am Krankenbett eines Bruders, der an der Schwindsucht sterben wird. Ich werde den größten Theil des Sommers in Rudolstadt zubringen. Wenn ich zuviel dort bin, so erinnern Sie Sich, daß Sie’s zu verantworten haben. Meinen Freunden in Stuttgardt Abeln, Petersen, Lempp und wen Sie noch wissen, empfehlen Sie mich freundschaftlichst

Ihr Schiller.

P. S. Die Büste soll besorgt werden.

P. S. Ich erbreche den Brief wieder. Lotte Lengenfeld schickt mir den Einschluß.