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Schiller an Amalie von Imhoff, 25. März 1799

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25 März [Montag].

Verzeihen Sie mir, liebe Freundin, daß ich Ihr Gedicht so lange bei mir behalten habe und so spät ein Wort darüber sage. Ich wollte es genießen und mit ganzer Besonnenheit studiren. Dieses konnte ich nicht, bis ich meines eigenen Werkes völlig entledigt war, das von so ganz entgegengesetzter Stimmung ist.

Heute habe ich das Gedicht nun mit neuer Aufmerksamkeit wieder gelesen und kann Ihnen nicht ausdrücken, wie mich der schöne Geist, der es belebt, erfreut und bewegt hat. Ich bewundere die zarte und doch bestimmte Zeichnung, die reinen, edlen und doch dabei wahr menschlichen Gestalten, die einfachen und doch zureichenden Mittel, durch die alles geschieht. Die Exposition ist mit großer Geschicklichkeit gemacht, die Auflösung ist durch eine hohe Simplicität und Zartheit rührend. Es bleibt alles in der Natur und Wahrheit und trägt dem ungeachtet einen schönen, idealen Charakter. Über das Einzelne hoffe ich Sie selbst zu sprechen, dies sind nur meine Empfindungen über das Ganze. Ich gebe heute Goethe das Gedicht, der mir dann seine Gedanken darüber mittheilen wird. In zehn oder zwölf Tagen komme ich nach Weimar, wo wir dann recht umständlich mit Ihnen darüber conferiren wollen.

Leben Sie recht wohl bis dahin, ich freue mich sehr, Sie wieder eine Zeit lang zu sehen und über das schöne Werk recht viel mit Ihnen zu sprechen. Meine Frau, die auch recht viel Freude daran gehabt hat, grüßt Sie schönstens. Empfehlen Sie uns Ihrer Frau Mutter aufs beste.

Sch.