HomeBriefesonstige BriefeSchiller an Günther Göckingk, 16. November 1784

Schiller an Günther Göckingk, 16. November 1784

Bewertung:
(Stimmen: 0 Durchschnitt: 0)

Mannheim den 16. November 1784.

Schütteln Sie den Kopf nicht, mein Werthester, wenn Sie mich unversehens als Journalisten erbliken, und mir auf einer Straße begegnen wo Sie selbst so vollkommen zu Hause sind und alle Gänge und Schliche kennen. Lassen Sie mich armen Wandersmann immer in Frieden dahinziehen; ich trage ja nur die Pakete nach die Ihr reichbeladener Frachtwagen fallen ließ. Stören Sie mein bischen Verdienst nicht. Es wird mir sauer genug werden.

Im Ernst, bester Freund, meine gegenwärtige müßige und unabhängige Situation, verbunden mit den Aufmunterungen, einheimischen und fremden, welche noch immer ein Theaterjournal vermissen, haben mich in Versuchung geführt mit einem Avertissement bei dem Publikum anzupochen: ob es mich für den Mann hält ihm eins zu liefern. Es kann möglich seyn daß ich meine Verheißungen halte sobald das Publikum mein Gesuch unterstüzen will; und Das muß jezt die Unterzeichnung entscheiden. Ich will offenherzig gegen Sie seyn. Ich glaube, daß mein Journal in dem Fache worin es eigentlich besteht Aufmerksamkeit verdienen wird. Sie können sich vielleicht den besten Begriff davon machen wenn ich Ihnen sage daß es nach dem Muster des „Philosophen für die Welt“ (ungefähr, nicht ganz) wird zugeschnitten werden. Die Welt malt sich in jedem Gehirn anders; auch in dem meinigen, und so werden meine Zeichnungen neu seyn.

Da Sie ohnehin die Theaterrubrik in dem Ihrigen leer lassen, da die „Berliner Theaterzeitung“ sinkt, und andere Broschüren dieser Art Nichts taugen, so sind wenigstens von dieser Seite meine Aspecten gut. Uebrigens wird der eigentliche Werth meines Museums auf etwas Wichtigerm beruhen, und der Fall kann kommen daß ich Wirkungen erreiche die über dem Kizel der Neugier oder eines flatternden Wizes erhaben sind. Die ersten Hefte, solange bis ich mich mit guten Mitarbeitern vereinigt habe, enthalten mehrentheils meine Arbeiten, die Empfindungen eines vollen Herzens, und einige wichtige Bemerkungen aus meinen bisherigen Cirkeln.

Ja, werthester Freund, und da wollte ich Sie denn bitten zu Ausbietung dieser Blätter und Aufnahme des Journals Ihr Scherflein beizutragen. Lassen Sie mir einige Erfahrungen in der Sache zukommen die Sie vielleicht mit Schaden gemacht haben, und worum ich Sie vorzüglich ersuchen wollte, rüken Sie die Ankündigung (nach Ihrem Gutdünken abgekürzt) in Ihrem Journal ein; aber wenn es möglich ist schon im nächsten Hefte. Uebrigens weiß ich gewiß daß Ihre Empfehlungen die Unterzeichnung befördern werden.

Ich unterschreibe mich mit unveränderlicher Freundschaft Ihren ergebensten

F. Schiller.

P. S. Aus hiesigen Gegenden kann ich Ihnen nichts von Erheblichkeit mittheilen. Eine erbärmliche Theaterbalgerei, die jedoch das ganze hiesige Publikum in Alarm brachte, ist das Merkwürdigste. Madame Wallenstein (vielleicht kennen Sie sie) mußte schnell vom Theater weichen. Wir verloren eine Hexe um einer – platzzumachen.