William Cecil, Lord von Burleigh, der Geschichte zufolge einer der vertrautesten Ratgeber der Königin, ein Mann von großer Einsicht, aber von weitem Gewissen. Moralische Grundsätze auf dem Gebiet der Politik hatten für ihn keine besondere Bedeutung. Der zu erreichenden Zweck war ihm stets die Hauptsache, die Mittel machten ihm weiter keine Sorgen. Im Betreff der reformatorischen Bestrebungen sprach er sich mit Entschiedenheit für das Losreißen vom Papst aus, hatte dabei aber weniger die Religion als die Kirche im Auge, die er als eine Art politischer Anstalt betrachtete.
Der dramatische Burleigh ist Schatzmeister, der über die Sicherheit des Staates wacht und auf dessen Vorteil bedacht ist. Als Vorsitzender des Parlaments und des Gerichts tritt er für die Ehrenhaftigkeit der Mitglieder des Letzteren ein. Als eifriger Protestant vertritt er auch das Recht seiner Glaubensgenossen und arbeitet dem römischen Götzendienst, wie er den Katholizismus nennt, energisch entgegen. Aber Burleigh ist kein streng sittlicher Charakter. Er begnügt sich nicht nur mit dem Schein des Rechts, sondern ist auch fähig, sich den geheimen Wünschen seiner Gebieterin dienstfertig zu beweisen. Er kann sogar dem ehrlichen Amias Paulets die ruchlose Handlung einer geheimen Mordtat zuzumuten.
Ebenso ist er nicht frei von ungerechtfertigter Leidenschaftlichkeit, die ihm als Staatsmann und richterlichen Beamten durchaus fremd sein sollte. Überall fühlt man durch, dass er Maria Stuart hasst, weil sie den Staatsinteressen im Wege steht und weil sie Katholiken ist. Sie nennt ihn deshalb einen Späher und will nicht, dass ihr Brief an Königin Elisabeth in seine ungetreue Hand gerät. Maria Stuart sagt es ihm gerade zu, dass er dem Gerichte den Geist geliehen, dass auf sie gemachte Gesetz veranlasst habe und sich nun auch beeile, ihr persönlich den Richterspruch zu verkünden. Burleigh hat allerdings kein gutes Gewissen, denn obwohl er ein schlauer Diplomat ist, kann er seine Gründe für die Hinrichtung der königlichen Gefangenen gegenüber nur schlecht rechtfertigen. Auf die wohl begründeten Einwürfe von Maria gibt er ausweichende Antworten, dass diese ihn zu wiederholten Malen auffordern muss, bei der Sache zu bleiben.
Auch im Staatsrat erscheint er keineswegs als besonnener und unparteiischer Ratgeber, sondern durchweg als leidenschaftlicher Verfolger seiner Gegnerin, der jede Regung zur Milde in Elisabeths Seele zu bekämpfen, jeden Schritt der Beseitigung eines tragischen Abschlusses der Verhandlungen zu hindern versucht.
Nach dem unglücklichen Mordversuch auf Elisabeth drängt Lord Burleigh mit übermäßiger Eile auf die Ausfertigung des Todesurteils. So wie es unterschrieben ist, entreißt er es dem Davison, um die Vollstreckung so schnell wie möglich zu veranlassen. Dieser übertriebene Diensteifer aber führt schließlich seinen Sturz herbei. Elisabeth verbannt ihn von ihrem Angesicht.