RAZMANN. Du bist ein ausgelernter Praktikus.
SPIEGELBERG. Mein Gott! als ob ich noch jemals dran gezweifelt hätte – Nun du deinen Mann in dem Hamen hast, mußt dus auch fein schlau angreifen, daß du ihn hebst! – Siehst du, mein Sohn? das hab ich so gemacht: – Sobald ich einmal die Fährte hatte, hängt ich mich meinem Kandidaten an wie eine Klette, saufte Brüderschaft mit ihm, und notabene! zechfrei mußt du ihn halten! da geht freilich ein Schönes drauf, aber das achtest du nicht – – du gehst weiter, du führst ihn in Spielkompanien und bei liederlichen Menschern ein, verwickelst ihn in Schlägereien, und schelmische Streiche, bis er an Saft und Kraft und Geld und Gewissen, und gutem Namen bankrutt wird; denn incidenter muß ich dir sagen, du richtest nichts aus, wenn du nicht Leib und Seele verderbst – Glaube mir, Bruder! das hab ich aus meiner starken Praxi wohl fünfzigmal abstrahiert, wenn der ehrliche Mann einmal aus dem Nest gejagt ist, so ist der Teufel Meistes – Der Schritt ist dann so leicht – o so leicht, als der Sprung von einer Hure zu einer Betschwester. – Horch doch! was für ein Knall war das?
RAZMANN. Es war gedonnert, nur fortgemacht!
SPIEGELBERG. Noch ein kürzerer besserer Weg ist der, du plünderst deinem Mann Haus und Hof ab, bis ihm kein Hemd mehr am Leibe hebt, alsdann kommt er dir von selber – lern mich die Pfiffe nicht, Bruder – frag einmal das Kupfergesicht dort – Schwerenot! den hab ich schön ins Garn gekriegt – ich hielt ihm vierzig Dukaten hin, die sollt er haben, wenn er mir seines Herrn Schlüssel in Wachs drücken wollte – denk einmal! die dumme Bestie tuts, bringt mir, hol mich der Teufel, die Schlüssel, und will itzt das Geld haben – Monsieur, sagt ich, weiß Er auch, daß ich itzt diese Schlüssel geradeswegs zum Polizei-Lieutenant trage, und Ihm ein Logis am lichten Galgen miete? – Tausendsackerment! da hättest du den Kerl sehen sollen die Augen aufreißen, und anfangen zu zappeln wie ein nasser Pudel. – – »Ums Himmelswillen, hab der Herr doch Einsicht! ich will – will –« Was will Er? Will Er itzt gleich den Zopf hinaufschlagen und mit mir zum Teufel gehn? – »O von Herzen gern, mit Freuden!« – Hahaha! guter Schlucker, mit Speck fangt man Mäuse – lach ihn doch aus, Razmann! hahaha!
RAZMANN. Ja, ja, ich muß gestehen. Ich will mir diese Lektion mit goldnen Ziffern auf meine Hirntafel schreiben. Der Satan mag seine Leute kennen, daß er dich zu seinem Mäkler gemacht hat.
SPIEGELBERG. Gelt, Bruder? Und ich denke, wenn ich ihm zehen stelle, läßt er mich frei ausgehen – gibt ja jeder Verleger seinem Sammler das zehente Exemplar gratis, warum soll der Teufel so jüdisch zu Werk gehn? – Razmann! ich rieche Pulver –
RAZMANN. Sapperment! ich riechs auch schon lang. – Gib acht, es wird in der Näh was gesetzt haben! – Ja ja! wie ich dir sage, Moritz – du wirst dem Hauptmann mit deinen Rekruten willkommen sein – er hat auch schon brave Kerl angelockt.
SPIEGELBERG. Aber die meinen! die meinen – pah –
RAZMANN. Nun ja! sie mögen hübsche Fingerchen haben – aber ich sage dir, der Ruf unsers Hauptmanns hat auch schon ehrliche Kerl in Versuchung geführt.
SPIEGELBERG. Ich will nicht hoffen.
RAZMANN. Sans Spaß! und sie schämen sich nicht, unter ihm zu dienen. Er mordet nicht um des Raubes willen wie wir – nach dem Geld schien er nicht mehr zu fragen, sobald ers vollauf haben konnte, und selbst sein Dritteil an der Beute, das ihn von Rechts wegen trifft, verschenkt er an Waisenkinder, oder läßt damit arme Jungen von Hoffnung studieren. Aber soll er dir einen Landjunker schröpfen, der seine Bauren wie das Vieh abschindet, oder einen Schurken mit goldnen Borten unter den Hammer kriegen, der die Gesetze falschmünzt, und das Auge der Gerechtigkeit übersilbert, oder sonst ein Herrchen von dem Gelichter – Kerl! da ist er dir in seinem Element, und haust teufelmäßig, als wenn jede Faser an ihm eine Furie wäre.
SPIEGELBERG. Hum! Hum!
RAZMANN. Neulich erfuhren wir im Wirtshaus, daß ein reicher Graf von Regensburg durchkommen würde, der einen Prozeß von einer Million durch die Pfiffe seines Advokaten durchgesetzt hätte, er saß eben am Tisch und brettelte – Wieviel sind unserer? frug er mich, indem er hastig aufstand, ich sah ihn die Unterlippe zwischen die Zähne klemmen, welches er nur tut, wenn er am grimmigsten ist – nicht mehr als fünf! sagt ich – es ist genug! sagt er, warf der Wirtin das Geld auf den Tisch, ließ den Wein, den er sich hatte reichen lassen, unberührt stehen – wir machten uns auf den Weg. Die ganze Zeit über sprach er kein Wort, lief abseitwärts und allein, nur daß er uns von Zeit zu Zeit fragte, ob wir noch nichts gewahr worden wären, und uns befahl, das Ohr an die Erde zu legen. Endlich so kommt der Graf hergefahren, der Wagen schwer bepackt, der Advokat saß bei ihm drin, voraus ein Reuter, nebenher ritten zwei Knechte – da hättest du den Mann sehen sollen, wie er, zwei Terzerolen in der Hand, vor uns her auf den Wagen zusprang! Und die Stimme, mit der er rief: Halt! – der Kutscher, der nicht Halt machen wollte, mußte vom Bock herabtanzen, der Graf schoß aus dem Wagen in den Wind, die Reuter flohen – dein Geld, Kanaille! rief er donnernd – er lag wie ein Stier unter dem Beil – und bist du der Schelm, der die Gerechtigkeit zur feilen Hure macht? der Advokat zitterte, daß ihm die Zähne klapperten, – der Dolch stak in seinem Bauch wie ein Pfahl in dem Weinberg – ich habe das Meine getan! rief er, und wandte sich stolz von uns weg, das Plündern ist eure Sache – Und somit verschwand er in den Wald –
SPIEGELBERG. Hum, hum! Bruder, was ich dir vorhin erzählt habe, bleibt unter uns, er brauchts nicht zu wissen. Verstehst du?
RAZMANN. Recht, recht! ich versteh.
SPIEGELBERG. Du kennst ihn ja! Er hat so seine Grillen. Du verstehst mich.
RAZMANN. Ich versteh, ich versteh.
Schwarz in vollem Lauf.
RAZMANN. Wer da? was gibts da? Passagiers im Wald?
SCHWARZ. Hurtig, hurtig! wo sind die andern? – tausendsackerment! ihr steht da und plaudert! Wißt ihr denn nicht – wißt ihr denn gar nicht? – und Roller –
RAZMANN. Was dann? was dann?
SCHWARZ. Roller ist gehangen, noch vier andere mit –
RAZMANN. Roller? Schwerenot! seit wenn – woher weißt dus?