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Die Räuber – Text: 2. Akt, 3. Szene

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SCHWARZ. Schon über drei Wochen sitzt er, und wir erfahren nichts, schon drei Rechtstäge sind über ihn gehalten worden, und wir hören nichts, man hat ihn auf der Tortur examiniert, wo der Hauptmann sei? – der wackere Bursche hat nichts bekannt, gestern ist ihm der Prozeß gemacht worden, diesen Morgen ist er dem Teufel Extrapost zugefahren.

RAZMANN. Vermaledeit! weiß es der Hauptmann?

SCHWARZ. Erst gestern erfährt ers. Er schäumt wie ein Eber. Du weißts, er hat immer am meisten gehalten auf Roller, und nun die Tortur erst – Strick und Leiter sind schon an den Turm gebracht worden, es half nichts; er selbst hat sich schon in Kapuzinerskutte zu ihm geschlichen, und die Person mit ihm wechseln wollen, Roller schlugs hartnäckig ab, itzt hat er einen Eid geschworen, daß es uns eiskalt über die Leber lief, er wolle ihm eine Todesfackel anzünden, wie sie noch keinem König geleuchtet hat, die ihnen den Buckel braun und blau brennen soll. Mir ist bang für die Stadt. Er hat schon lang eine Pike auf sie, weil sie so schändlich bigott ist, und du weißt, wenn er sagt: ich wills tun! so ists so viel, als wenns unsereiner getan hat.

RAZMANN. Das ist wahr! ich kenne den Hauptmann. Wenn er dem Teufel sein Wort drauf gegeben hätte in die Hölle zu fahren, er würde nie beten, wenn er mit einem halben Vaterunser selig werden könnte! – Aber ach! der arme Roller! der arme Roller! –

SPIEGELBERG. Memento mori! Aber das regt mich nicht an. Trillert ein Liedchen.

Geh ich vorbei am Rabensteine,
So blinz ich nur das rechte Auge zu
Und denk, du hängst mir wohl alleine,
Wer ist ein Narr, ich oder du?

RAZMANN aufspringend. Horch! ein Schuß. Schießen und Lärmen.

SPIEGELBERG. Noch einer!

RAZMANN. Wieder einer! der Hauptmann!

Hinter der Szene gesungen.

Die Nürnberger henken keinen
Sie hätten ihn denn vor. Da Capo.

SCHWEIZER. ROLLER hinter der Szene. Holla ho! Holla ho!

RAZMANN. Roller! Roller! Holen mich zehn Teufel!

SCHWEIZER. ROLLER hinter der Szene. Razmann! Schwarz! Spiegelberg! Razmann!

RAZMANN. Roller! Schweizer! Blitz, Donner, Hagel und Wetter! Fliegen ihm entgegen.

Räuber Moor zu Pferd, Schweizer, Roller, Grimm, Schufterle, Räubertrupp mit Kot und Staub bedeckt, treten auf.

RÄUBER MOOR vom Pferd springend. Freiheit! Freiheit! – – du bist im Trocknen, Roller! – Führ meinen Rappen ab, Schweizer, und wasch ihn mit Wein. Wirft sich auf die Erde. Das hat gegolten!

RAZMANN zu Roller. Nun bei der Feueresse des Plutos! bist du vom Rad auferstanden?

SCHWARZ. Bist du sein Geist? oder bin ich ein Narr? oder bist dus wirklich?

ROLLER in Atem. Ich bins. Leibhaftig. Ganz. Wo glaubst du, daß ich herkomme?

SCHWARZ. Da frag die Hexe! der Stab war schon über dich gebrochen!

ROLLER. Das war er freilich, und noch mehr. Ich komme recta vom Galgen her. Laß mich nur erst zu Atem kommen. Der Schweizer wird dir erzählen. Gebt mir ein Glas Branntenwein! – du auch wieder da, Moritz? Ich dachte, dich woanders wiederzusehen – gebt mir doch ein Glas Branntenwein! meine Knochen fallen auseinander – o mein Hauptmann! wo ist mein Hauptmann?

SCHWARZ. Gleich, gleich! – so sag doch, so schwätz doch! wie bist du davonkommen? wie haben wir dich wieder? der Kopf geht mir um. Vom Galgen her, sagst du?

ROLLER stürzt eine Flasche Branntenwein hinunter. Ah, das schmeckt, das brennt ein! – geradeswegs vom Galgen her! sag ich. Ihr steht da, und gafft, und könnts nicht träumen – ich war auch nur drei Schritte von der Sackermentsleiter, auf der ich in den Schoß Abrahams steigen sollte – so nah, so nah – war dir schon mit Haut und Haar auf die Anatomie verhandelt! hättest mein Leben um ’n Prise Schnupftabak haben können, dem Hauptmann dank ich Luft, Freiheit und Leben.

SCHWEIZER. Es war ein Spaß, der sich hören läßt. Wir hatten den Tag vorher durch unsre Spionen Wind gekriegt, der Roller liege tüchtig im Salz, und wenn der Himmel nicht beizeit noch einfallen wollte, so werde er morgen am Tag – das war als heut – den Weg alles Fleisches gehen müssen – Auf! sagt der Hauptmann, was wiegt ein Freund nicht. – Wir retten ihn, oder retten ihn nicht, so wollen wir ihm wenigstens doch eine Todesfackel anzünden, wie sie noch keinem König geleuchtet hat, die ihnen den Buckel braun und blau brennen soll. Die ganze Bande wird aufgeboten. Wir schicken einen Expressen an ihn, ders ihm in einem Zettelchen beibrachte, das er ihm in die Suppe warf.

ROLLER. Ich verzweifelte an dem Erfolg.

SCHWEIZER. Wir paßten die Zeit ab, bis die Passagen leer waren. Die ganze Stadt zog dem Spektakel nach, Reuter und Fußgänger durcheinander und Wagen, der Lärm und der Galgenpsalm johlten weit. Itzt, sagt der Hauptmann, brennt an, brennt an! Die Kerl flogen wie Pfeile, steckten die Stadt an dreiunddreißig Ecken zumal in Brand, werfen feurige Lunten in die Nähe des Pulverturms, in Kirchen und Scheunen – Mordbleu es war keine Viertelstunde vergangen, der Nordostwind, der auch seinen Zahn auf die Stadt haben muß, kam uns trefflich zustatten, und half die Flamme bis hinauf in die obersten Giebel jagen. Wir indes Gasse auf, Gasse nieder, wie Furien – Feuerjo! Feurjo! durch die ganze Stadt – Geheul, – Geschrei – Gepolter – fangen an die Brandglocken zu brummen, knallt der Pulverturm in die Luft, als wär die Erde mitten entzweigeborsten, und der Himmel zerplatzt und die Hölle zehntausend Klafter tiefer versunken.

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