HomeBriefeBriefwechsel mit Gottfried KörnerSchiller an Gottfried Körner, 5. April 1795

Schiller an Gottfried Körner, 5. April 1795

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Jena, den 5. April [Sonntag] 95.

Du hast ziemlich lange nichts von Dir hören lassen, und auch von mir lange nichts mehr gehört. Mich beschäftigt schon seit 3 Wochen ein historischer Aufsatz für die Horen aus der niederl. Geschichte, davon die erste Lieferung jetzt fertig ist. Dieser raubte mir alle Zeit zu andern vernünftigen Sachen; aber die Mannichfaltigkeit, die in den Horen herrschen soll, erforderte einmal eine solche Arbeit; Deinen Aufsatz erwarte ich nun mit jedem Posttag; ich bin ungeduldig Deine Autorschaft in den Horen eröffnet zu sehen.

Hier das 3te Stück, wo Du Herder und Engel kannst paradiren sehen. Ein Exemplar dieses Stücks ist für Schlegeln. Voß hat sich selbst zum Mitarbeiter angetragen, und einige Gedichte, mit Musik von Reichardt, geschickt.

Vom Coadjutor ist ein unendlich elender Aufsatz eingelaufen, den ich recht verlegen bin wieder los zu seyn.

Vorgestern kam mein Bild von Dorchen an, welches uns allen eine herzliche Freude gemacht hat. Sage Dorchen recht viel Schönes von mir, meine Frau will selbst schreiben. Goethe und Meyer, welche eben hier sind, haben sich auch recht darüber gefreut.

Du schreibst nicht, ob Du meine Büste erhalten hast. Eigentlich solltest Du sie längst haben, und ich will nicht hoffen, daß ein Unglück damit begegnet ist.

Über Dein Hieherkommen wünschte ich mehr Tröstliches zu hören, als Dein letzter Brief enthält.

Ich habe in dieser Zeit eine förmliche Vocation nach Tübingen erhalten; mit einem zwar mäßigen, aber in der Folge zu verbessernden Gehalt. Ich habe sie aber, weil ich keine bestimmte Pflichten übernehmen kann, ausgeschlagen. Aber auch ohne dieses würde ich Jena und meine hiesige freie Existenz mit keinem andern Ort in der Welt vertauschen. Vom Herzog von Weimar habe ich mir dafür eine Verdoppelung meines Gehalts ausgebeten, im Falle meine Gesundheit mir die Schriftstellerei untersagte. Dies ist mir bewilligt worden, und nun habe ich meine Existenz auf gewisse Weise assecurirt. Meine 1000 Thaler aus Dänemark für das vergangene Jahr habe ich noch immer nicht erhalten, obgleich mir der Prinz erst kürzlich geschrieben hat.

Hier spricht man sehr decidirt, daß zwischen Preußen, Hannover, Cassel und den Franzosen der Friede geschlossen sei. Mit Hannover nämlich bloß als deutscher Reichsstand. Die Nachricht ist von einer sonst guten Quelle. Möchte sie wahr seyn, so wäre bald eine Nachfolge vom ganzen Deutschland zu hoffen.

Dein Sch.