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Schiller an August Iffland, 5. Januar 1805

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Weimar, 5. Januar [Mittwoch] 1805.

Ich lebe auch noch, lieber Freund, wiewol ich lange geschwiegen, und die Zeitungen mich todt gemacht haben. Freilich hat mich ein heftiger Anfall in diesem Sommer auf mehrere Monate sehr geschwächt, und dieser unfreundliche Winter ist mir auch nicht günstig. Dies ist Ursache, daß es mit meinem Demetrius etwas langsam geht, an dem mir zu viel gelegen ist, als daß ich mit stumpfen Sinnen daran arbeiten möchte. Indessen habe ich, um nicht ganz unthätig zu sein, und um das verstimmte Instrument wieder einzurichten, Racine’s Phèdre übersetzt, weil diese unter allen französischen Trauerspielen sich nicht nur in Frankreich am Längsten in Credit erhalten hat und noch erhält, sondern auch wirklich das meiste dramatische Interesse enthält. Ich habe mit möglichster Sorgfalt und Liebe daran gearbeitet, um dieses gepriesene Meisterstück der französischen Bühne nicht unwürdig auf die deutsche zu verpflanzen. Das Stück soll hier auf den Geburtstag der regierenden Herzogin am 30. Januar gespielt werden.

Ich habe von Bethmann mit großer Freude gehört, daß Sie den Parasit in Berlin gegeben haben, und daß Sie in der Rolle des Selicour Wunder gethan. Mein Glaube hat mich also nicht betrogen, daß dies eine Rolle sei, welche Ihnen vorzüglich gelingen müsse.

Leben Sie wohl mit Ihrem ganzen Hause. Auch meine Frau empfiehlt sich Ihrem Andenken und, so wie ich, Ihrer lieben Frau aufs Beste

Ihr treuer Freund

Schiller.