HomeBriefeAn Charlotte v. LengefeldSchiller an Charlotte von Schiller, 9. Juli 1803

Schiller an Charlotte von Schiller, 9. Juli 1803

Bewertung:
(Stimmen: 0 Durchschnitt: 0)

Lauchstädt 9. Jul. [Sonnabend] 1803.

Deinen Brief und der Kinder ihren erhielt ich von H. Groy heute Mittag an der Table d’hôte und freute mich sehr des unerwarteten Andenkens von meinen Lieben. Gestern Abend um ½ Eilf kam ich von Halle zurück, wo ich mich außer Niemeiers Pädagogium welches eine kleine Stadt ist, nicht sehr viel umgesehen weil ich mich etwas angegriffen fühlte und die Bewegung scheute. Sie haben mich sehr geehrt und tüchtig aufgeschüßelt. Ich genieße aber überhaupt hier wenig, weil ich mich so am besten vor den Krämpfen schütze. Halle gefällt mir nicht, und in der Gesellschaft hörte ich nichts als Anecdoten erzählen.

Hier verfällt man auf allerlei Unterhaltungen. Vor einig Tagen machten zwei Trupp Preußischer und Sächsischer Offiziere, welche in zahlreicher Menge hier sind, ein Maneuvre gegeneinander auf d Wege nach Merseburg, alles zu Pferd. Ich ritt auch mit, auch kamen viele Kutschen von Zuschauern; es gab mahlerische Gruppen und Bewegungen, und weil heftig geschoßen und geritten wurde, so hatte es ein ordentlich kriegerisch Ansehen. Mittags fanden sich die Kämpfer und Zuschauer bei der Tafel zusammen, wo es dann sehr über den Champagner hergieng, der hier mit sündlicher Verschwendung getrunken wird.

Auf den Montag ist die Jungfrau von Orleans. Schon morgen kommen viele hallensische Besuche, die dann bis Montag bleiben, es wird ziemlich lebhaft werden. Donnerstag oder Freitag denke ich wegzureisen. Ich befinde mich übrigens wohl und heiter, die guten Nachrichten von euch sind mir sehr erfreulich.

Lebewohl liebes Herz und küsse die lieben Kinder und grüße die Frau und die Stein herzlich. Hier einiges für die kleinen und d Adolph, was der Bote mitnehmen mochte. Dein

S.