HomeBriefeAn Caroline von BeulwitzSchiller an Lotte v. Lengefeld und Caroline v. Beulwitz, 16. November 1789

Schiller an Lotte v. Lengefeld und Caroline v. Beulwitz, 16. November 1789

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Nachts, Montag. 1

Ich beschließe so gern die Tage mit ein paar Zeilen an euch, meine Lieben. Es ist mir dann, als hätte ich den ganzen Tag mit euch gelebt, und ich gehe mit fröhlichen Bildern schlafen. Ich sehe doch, daß ich euch öfter werde schreiben können diesen Winter, als ich anfangs hoffte, denn wenn ich auch noch soviel zu thun hätte, so geht meine Lust zu arbeiten doch nur zu einem gewissen Punkt, und ich kann mir dieses einzige Vergnügen nicht versagen. Es wird mir doch unendlich mehr Freude machen, euch in Weimar zu wissen. Öftere Briefe von euch, die Möglichkeit, euch in 3 Stunden zu sehen, die Hofnung (wenn sie auch nie erfüllt wird) Euch zuweilen hier zu sehen – ach das sind Realitäten für mich gegen die andern Dinge um mich her. Euer Auffenthalt in Weimar wird euch viele Armseligkeiten zeigen. Ich fürchte es, aber euer Herz wird sie leicht aufnehmen und in heitern Bildern der Liebe werden sie sich verlieren.

Wenn wir nur erst im Februar wären, die ferne Ankündigung des Frühlings wird das Wehen der Liebe für mich seyn. Ach dieser Frühling bringt mir eine schönere Natur! Nur dieser Winter trennt mich von meiner Glückseligkeit! Ich hänge mit süssem Glauben an dieser Hofnung – nehmt mir sie nicht. Wie freudig und himmlisch sind meine Hofnungen, wenn ich mit ruhiger Seele dabey verweile. Nur ein Sturm in meinem Herzen kann mir sie verfinstern. Das Leben an eurem liebevollen Herzen ist eines grössern Kampfes werth, als ich noch zu kämpfen gehabt habe. Ich bin undankbar gegen das gute Schicksal – am Ziel eines mühevollen unglücklichen Lebens würde es eine herrliche Belohnung seyn, in euren Armen sich zu finden! und wie wenig hab ich noch dafür gethan! Aber Leiden können nur gar zu oft die Empfänglichkeit für die Freude ersticken, und das zarte Spiel der Liebe zerstören. Wie gut ist es also, daß ich nicht gelitten habe, daß der Keim zur Freude und Liebe noch unversehrt in meinem Herzen lebt, um sich an dem eurigen zur Blüthe zu entfalten. Wie schön wird meine Seele in diesem Himmlstriche blühn. Die zarte bildende Hand der Liebe wird das edelste in mir veredeln.

Meine Seele schlingt sich um euch. Könnten meine Arme euch umfassen! Könnte ich euer schlagendes Herz an dem meinigen fühlen! In euren Augen eure liebevolle, mir entgegen eilende Seele begrüßen! Ach das selige unaussprechliche Glück der Gegenwart, des lebendigen Besitzes! Die Gedanken mahlen es, aber sie ahmen es nicht nach.

Schlaft wohl meine lieben, theuerste meiner Seele und mein einziges Leben! – Es ist ein Uhr. Ihr werdet sanft schlafen, und ihr habt meiner gedacht, eh ihr einschlieft. Morgen werde ich eure lieben Briefe erhalten, und ihr einen von mir. Finde ich morgen noch einen schönen Augenblick, so grüße ich euch noch. Gute Nacht meine Lieben.

Dienstag Abends. Nur noch einen Gruß meine Lieben. Eure Briefe beantworte ich das nächstemahl. Möge dein Vertrauen zur St** gut ausschlagen liebe Lotte! Ich fürchte mich vor den einsamen langweiligen Augenblicken in Kochberg, wo man so herzlich froh seyn wird, einander etwas neues erzählen zu können.

Und nun eine Bitte meine lieben. Der Thee ist mir ausgegangen und ich vergass es schon etlichemal. Wenn ihr nicht gleich ein ganzes oder halbes Pfund zu bekommen wißt, so schickt mir einstweilen, was ihr gut entbehren könnt. Schickt mir es wo möglich auf den Donnerstag durch euren Courier. Es muß aber auf meine Rechnung gehen. Bei dieser Gelegenheit erhalte ich doch auch einige Zeilen von euch?

Und diesen Brief liebe Caroline besorge an die D** aber bald. Es ist eine Anfrage wegen des Coadjutors.

  1. November 1789.