HomeBriefeAn Caroline von BeulwitzSchiller an Lotte v. Lengefeld und Caroline v. Beulwitz, 17. Dezember 1789

Schiller an Lotte v. Lengefeld und Caroline v. Beulwitz, 17. Dezember 1789

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Donnerstag Abends 1

Der wichtige Wurf ist also geworfen und die ch. Me. Weiß nun alles. Ihr habt mich dießmal durch eure Entschloßenheit überrascht, meine liebsten, denn nach unserm letzten Gespräch konnt ich dieß noch nicht vermuthen, weil du entschlossen schienst Caroline, noch vorher an Beulwiz nach der Schweitz zu schreiben. Ich muß gestehen, daß es mir herzlich lieb zu hören war, weil mich eure Bedenklichkeiten zu schreiben manchmal unruhig machten, und weil sich überhaupt jetzt erst mit Sicherheit handeln lassen wird. Ich habe noch nicht an die ch. M. schreiben können, weil unterdessen keine Post nach R. gegangen ist, denn eure Briefe habe ich Mittwochs erhalten, nachdem die Rudolst. Post schon fort war. – Der Brief an den E. v. Coburg ist abgegangen. An B. in der Schweitz will ich sogleich schreiben, wenn die ch. M. mir geantwortet haben wird. Mein Brief an sie geht auf den Sonnabend. Ich weiß nicht wo Ihr seid und wo ihr morgen seyn werdet. Aus Carolinens D. Brief zu schließen, bleibt ihr die ganze Woche in E. weil sie schreibt, daß sie euch in der nächsten nach W. begleiten wird. Ich lasse diesen Brief nach Erfurt gehen, wo er euch wahrscheinlich noch finden wird.

Ach meine liebsten. Wie voll Ungeduld bin ich jetzt. Nimmt eure Mutter den Vorschlag unsers Beysammenseyns in R. klar und willig auf, so ist weiter gar kein Hinderniß mehr. Alles was nachher noch zu thun ist, ist, um dem Schritt den ich thue, mehr Anstand und Form zu geben. Ich habe hier jezt eine gar sonderbare Existenz. Alles was für das künftige Jahr proponirt und angelegt wird, geht mich jetzt nichts mehr an, und doch muß ich thun, als wenn ich es theilte. Dies belustigt mich oft. Aber eine Art von Zwang und Kampf kostet es doch, Erwartung in sich zu verschließen. Furcht und Hofnung streben so nach Mittheilung und das Herz kann sie kaum allein ertragen. Ich habe euch schon manchmal darum beneidet, meine lieben, dass ihr von euerm Herzen sprechen könnt – wenigstens mit einander. Ich harre mit Sehnsucht auf die Zeit, wo meinem Herzen auch die Freude keine Last mehr seyn wird.

Es ist mir noch ein Mittel eingefallen, das meinen Austritt von J. vielleicht weniger auffallend macht. Ich verlange, sobald man mir die Besoldung wird verweigert haben, ein Jahr lang Urlaub, unter dem sehr anständigen Vorwand, meine Niederl. Geschichte auszuarbeiten. Erhalte ich diese Freiheit, so bleibe ich mit der Univ. in einer scheinbaren Verbindung, und es fällt alsdann, wenn das Jahr um ist, weniger auf, wenn ich erkläre, daß ich nicht mehr zurückkomme; mein Vater gewöhnt sich desto leichter daran, und kein Mensch hat alsdann etwas dawider. Wird es mir abgeschlagen, so gibt diese doppelte abschlägige Antwort mir das größte Recht, meine ganze Verbindung aufzuheben. Man könnte dieses selbst bei der ch. M. geltend machen, wenn sie nicht damit zufrieden ist, dass ich ganz u: gar privatisiere. Käme es zu Stande, so ersparte es mir auch den bewußten Revers in Rudol. Sobald man wüßte dass meine Verbindung mit Jena nicht zerrißen ist.

Ich feile und modle noch immer an unserm Plan; es ist mir eine so frohe Empfindung, daß wir einmal einen haben, und dass ich nicht mehr in die Luft bauen darf.

Körner hat sich bey dem Mainzischen Gesandten in Dresden durch eine dritte Person erkundigen lassen, was man eigentlich für Wege zu nehmen habe, wenn man etwas von dem c. verlange. Dieser sagte dass in Angelegenheiten der Gelehrten Miller den größten Einfluß habe; diesen könnte ich also schon nicht brauchen, denn ich gehe mit Millern auf einer Bahn, was die Geschichte betrift, und über kurz oder lang muß eine Vergleichung zwischen uns beiden erfolgen, die selten eine Freundschaft besteht. Miller machte mich in M. auch unnöthig, und er zieht die Besoldung, die für mich müßte bestimmt werden.

Adieu ihr lieben. Mein Herz ist erheitert worden durch eure letzten Briefe, ein so seliges Gefühl von Gewißheit ist in mir. – Ob ich immer glücklich seyn werde durch eure Liebe? – O ich werde sie nie erschöpfen, wie in einem himmlischen Ether wird mein ganzes Wesen sich in ihr verjüngen. Ach! ich werde dann erst leben. – Meine theuersten ich küsse euch, mit glüender liebe umschließt euch meine Seele – lebt wohl!

S.

  1. December 1789.