Weimar 7. Jan. [Freitag] 1803.
Ich kann dieß neue Jahr nicht anfangen, ohne Dir liebste Schwester und dem guten Reinwald meine herzliche Liebe zu versichern und mich der eurigen zu empfehlen. Vielleicht führt uns dieses Jahr zusammen, denn es kann geschehen, daß wir nach den südlichen Gegenden eine kleine Reise machen, und dann würde uns unser Weg über Meinung führen. Wenigstens will ich mich dieser Hofnung freuen!
Wir haben uns bei dem gelinden Winter recht erträglich befunden, besonders die Kinder. Die kleine Caroline blüht jezt wie das Leben und macht uns unaussprechlich viel Freude.
Ich selbst war nicht unfleißig und werde in 4 Wochen mit einer neuen Tragödie und zwar im Stil der antiken Stücke fertig seyn. Ich muß mich freilich zusammennehmen, damit Geld verdient wird; denn es ist hier ein theurer Auffenthalt.
Die gute Fine welche sich unsers Lebens in Ludwigsburg und auf der Solitude noch wohl erinnert wird erschrecken, wenn ich ihr sage, daß ich mit meiner Familie jezt gerade 10mal so viel brauche als der Vater als Stabshauptmann Gage gehabt. Das Beste ist, daß bey dem wachsenden Aufwand ich auch als Schriftsteller meine Arbeiten steigern kann und wäre ich nur Herr meiner ganzen Zeit wie in gesunden Tagen, so wäre mir nicht leid, jährlich noch ein ansehnliches Capital zurück zu legen.
In unserm neuen Hause wird es euch, wenn Ihr uns einmal besucht recht wohl gefallen. Es ist sehr heiter und freundlich u liegt sehr angenehm. Freilich haben wir diesen Sommer mit dem Bauen viel Schererey gehabt und große Kosten, auch das Ameublement hat gekostet, aber jetzt freuen wir uns auch dieses Besitzes und fühlen das Angenehme einer eigenen unabhängigen und bequemen Wohnung, weil wir uns während unsrer ganzen ehe immer in diesem Stück haben behelfen müßen.
Lotte empfiehlt sich eurem Andenken aufs beste, und wird bleiben. Herzlich umarme ich euch
Euer treuer Bruder
Sch.