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Schiller an Henriette v. Wolzogen, 1. Februar 1783

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Bauerbach d. 1ten Febr. [Sonnabend] 83.

Theuerste Freundin!

Gott sei Dank – eine Woche ohne Sie auf dem Rüken. Also von 14, die bevorstunden, eine vom Halse. Ich wünschte, dass die Zeit alle ihre Geschwindigkeit bis auf den May zusezte, damit sie hernach desto abgematteter gienge.

Meine Wünsche und meine Tränen haben Sie begleitet, beste Freundin. Wo Sie auch sind – werden Sie solches Gefolge von mir bekommen. Die Freude über die Erfüllung Ihres und meines Wünsches – dass Ihre Lotte mit Ihnen darf, machte mir den Gedanken Ihrer Abreise etwas erträglicher, und ich weis nicht, ob ich bei Ihrem Hierbleiben, wenn nehmlich die Lotte nicht mitgedürft hätte, nicht eben so traurig gewesen wäre1, so viel ich selbsten dabey gewonnen hätte. –

Eben wandert ein Brief an meine Eltern fort2. Doch hab ich, soviel ich von Ihnen sprechen musste, kein Wort von Ihrem bisherigen Hierseyn, und den frölichen Augenbliken unseres hiesigen Beieinanderseyns verloren. Sie selbst haben also das alles noch zu erzählen, und werden vermutlich ein paar aufmerksame Zuhörer haben.

Lassen Sie mich doch in Ihrem nächsten Briefe nähere Addressen an Sie wissen. Ich schike diesen Brief auf die Post, und unter Ihrer addresse nach Bamberg. Gott weis ob er Sie treffen wird. Schreiben Sie mir auch, sobald Sie den Brief vom Herrn Doctor Schiller aus Stuttgardt erhalten, und machen Sie mich dann mit dem Manne bekannt.

Neues weis ich Ihnen nichts zu schreiben. Das satyrische Gedicht3, wovon Sie wissen, ist fertig – ich weis aber noch nicht wie es der H. aufgenommen. – Man spricht hier zu Bauerbach, dass in einem Zimmer des Meiningerschlosses 30000 fl. an Gold und Silber – und einige Kisten von Tabaksdosen und was weis ich? – entdekt worden. Gott bewahre aber, dass ich es nachsagen sollte. Doch unmöglich wäre es nicht – und auf die diensttägige Fête4 wäre der Fund vortrefflich. – Die Tabaksdosen waren mir wichtig – und derjenige der eine ganze Kiste davon sammelt, mus mich selbst übertroffen haben.

Liebste Freundin – heute haben wir einen so treflichen Frülingstag, daß mir die ganze Zukunft – die so angenehm vor mir ligt – zu Gedächtniß kommt. Wie werth müssen solche Täge alsdann seyn, wenn sie ihre Farben von der Freundschaft entlehnen. Ich mache einen Ausflug auf den Berg, und das Wäldchen. Vielleicht schieß ich einen Raubvogel.

Leben Sie also recht wol meine Freundin. Ihren Herrn Bruder versichern Sie meiner wahren Achtung – und daß ich bedaure kein Doktor Juris zu seyn und Ihm mit Leib und Seele zu dienen. Viel Complimente an Fräulein Lotte. Ohne Aufhören Ihr

Friderich Chevalier.

p. p.

Noch eine Haupt Sache beste Wolzogen. Weil ich nach Mannheim die bewusste Lüge wegen meiner Abreise geschrieben habe, also nothwendig und mit dem nächsten eine addresse nach einem andern Ort angeben mus, so fiel mir ein, ob nicht Sie in Bamberg durch Ihre und Ihrer Freunde Bekanntschaften jemand ausfindig machen könnten, nach Bamberg schiken, und durch den hernach an Rheinwalden hieher addressiren lassen könnte. Es kommt auf einen Versuch an. Denken Sie nach.