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Schiller an Heribert von Dalberg, 1. März 1782

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Stuttgardt d. 1. April. [Montag] 82.

Die Aufmunterung womit E. Exzellenz meine dramatische Muse zu erweken suchen ist im höchsten Grade schmeichelhaft für mich, und ist mir einigermaßen ein sicherer Bürge, daß die erste Probe die ich Ihnen gegeben, Ihren unschäzbaren Beyfall hat. Ich würde die Unwahrheit reden, wenn ich meine immer wachsende Neigung zum Drama verläugnete, die einen großen Theil meiner Glükseligkeit auf dieser Welt ausmachen soll, und doch hab ich vor Verfluss eines halben Jahrs wenig Hoffnung sie befriedigen zu können. Meine gegenwärtige Lage nöthiget mich den gradum eines Doctors der Medicin in der hiesigen Karlsuniversität anzunehmen, und zu diesem Ende muß ich eine medicinische Dissertation schreiben und das Gebiet meiner Handwerkswissenschaft noch einmal zurückstreifen. Freilich werde ich von dem milden Himmelsstrich des Pintus einen verdrüßlichen Sprung in den Norden einer troknen terminologischen Kunst machen müssen, allein was seyn muß zieht nicht erst die Laune und die Lieblingsneigung zu Rath. Vielleicht umarme ich dann meine Muse um so feuriger, je länger ich von ihr geschieden war, vielleicht finde ich dann im Schooß der schönen Kunst eine süße Indemnisation für den fakultistischen Schweiß. Ich zweifle nicht, daß ich zu Ende dieses Jahrs die Verschwörung zu Genua vollendet sehe, woran ich schon einen grosen Teil vorausgearbeitet habe. Darf ich bei dieser Gelegenheit so kühn seyn, E. E. an das ehemalige Versprechen zu erinnern, mir ein interessantes teutsches Thema zu einem Nationalschauspiel zu verschaffen.

An den Göz v. Berlichingen habe ich mich noch nicht gewagt, weil ich besorgte der Verfasser möchte sich dadurch beleidigt finden. Wenn E. E. durch Ihr Ansehen und persönliche Bekanntschaft mit Göthen mir die vollkommene Freiheit hierin verschaffen könnten, so würde ich, während meiner medicinischen Beschäftigungen, in der Umarbeitung dieses Stüks die angenehmste Erholung finden.

Die versprochene Kritik über die Vorstellung meiner Räuber erspare ich auf diejenige Zeit, wenn ich mehrere Pieçen aufführen gesehen habe, welches wie ich hoffe dieses Jahr noch geschehen soll. Unterdessen habe ich irgendwo in einem vaterländischen Journal einige Worte davon gesagt. Ich empfehle mich in E. E. fernere Gnade und Gewogenheit, und habe die Ehre mit vollkommenster Hochachtung zu verharren

Euer Exzellenz
ganz unterthäniger Diener

Schiller.