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Schiller an H. v. Augustenburg, 5. April 1795

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Jena, den 5. April [Sonntag] 1795.

Durchlauchtigster Herzog, gnädigster Fürst und Herr,

In dem Briefe vom 19. März, womit Euer Durchlaucht mich beehrten, lese ich die für mich höchst aufmunternde Versicherung, daß Ihnen die ersten Stücke meines neuen Journals nicht misfielen, da daß ihre eignen Ueberzeugungen mit dem Haupt-Innhalte meiner aesthetischen Briefe übereinstimmend sind. Muthiger fahre ich nun in dieser Arbeit fort, und erbitte mir bloß Ihre gnädigste Erlaubniß, Ihnen jedes neu herauskommende Stück dieser Zeitschrift überreichen zu dürfen.

Was Eure Durchlaucht in Ansehung der Schwierigkeit des Vortrags bemerken, ist sehr gegründet, und es verdient allerdings die größte Aufmerksamkeit der Schriftsteller, die erforderliche Gründlichkeit und Tiefsinnigkeit mit einer faßlichen Diction zu verbinden. Aber noch ist unsere Sprache dieser großen Revolution nicht ganz fähig, und alles, was gute Schriftsteller vermögen, ist auf dieses Ziel von Form hinzuarbeiten. Die Sprache der feinen Welt und des Umgangs flieht noch zu sehr von der scharfen, oft spitzfindigen Bestimmtheit, welche dem Philosophen so unentbehrlich ist, und die Sprache der Gelehrten ist der Leichtigkeit, Humanität und Lebendigkeit nicht fähig, welche der Weltmann mit Recht verlangt. Es ist das Unglück der Deutschen, daß man ihre Sprache nicht gewürdigt hat, das Organ des feinen Umgangs zu werden, und noch lange wird sie die übeln Folgen dieser Ausschließung empfinden.

Sollte es mir indeß auch nur im Kleinen gelingen, zu Ausbreitung philosophischer Begriffe im Kreise der schönen Welt beyzutragen, so würde ich jede Anstrengung, welche meine Untersuchungen mit Kosten für reichlich belohnt achten.

Mit tiefster Devotion ersterbe ich

Ew. Herzogl. Duchlaucht
unterthänigster

F. Schiller.