HomeBriefeAn Louise von LengefeldSchiller an Louise von Lengefeld, 15. Januar 1790

Schiller an Louise von Lengefeld, 15. Januar 1790

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Jena den 15. Jenn. [Freitag] 90.

Wie nahe lassen Sie mich die neue schönere Epoche meines Lebens erwarten, theuerste Mama – ich weiß nicht, wie ich es ausgehalten hätte, meine Glückseligkeit in weiter Entfernung zu sehen. Also darf ich hoffen, daß Sie über unsre äußre Lage beruhigt sind? Sie wird sich vom nächsten Jahre an schon verbessern; über die Zukunft können Sie einmal für immer ganz beruhigt seyn. Möchte der Fall bald kommen, von dem Sie sagen, daß er Sie hindern würde, soviel für uns zu thun, als jetzt; ich wollte, ich könnte ihn beschleunigen. Wenn mein Glück mit Lottchen einer Vermehrung fähig ist, so ist es dadurch, daß Sie, theuerste Mama, es mit uns theilen und Zeuge davon sind. Dazu würden Sie Sich alsdann vielleicht, zuweilen wenigstens, entschließen. Dass ich mich jetzt unter Ihren Kindern weiß, kam mir bloß erlauben, Ihnen die achtungsvolle Liebe zu gestehen, die Ihnen, frey von aller Pflicht, mein Herz schon seit früheren Zeiten freiwillig gewidmet hat. Und dieß kann Ihnen nicht entgangen seyn.

Wie sehr stimmt Ihr Plan, wegen unsrer Verbindung, mit meinen Wünschen überein! Sie werden sich ein treueres und, ich denke, auch ein angenehmeres Bild von Lottchens äußrer Lage machen können, wenn Sie zugleich den Ort gesehen haben, wo sie lebt, und die ganze Einrichtung überhaupt sich gegenwärtig machen können. Ihr und Carolinens Auffenthalt bey mir macht keinem Menschen Unbequemlichkeit. Meinen Hausjungfern ist dieses ihre höchste Freude, ich kann mich durch nichts mehr bey ihnen empfehlen, als wenn ich sie auf diese Art beschäftige. In meinem Hause kann die Trauung seyn, und, wenn es nicht nothwendig gefodert wird, ohne alle fremde Zeugen. Wenn es ihnen recht ist, so fahren Caroline und Lotte an demselben Tage hieher, und wir fahren Ihnen biß nach Cala oder Rothenstein zusammen entgegen.

Für das, was Sie für uns thun wollen, danke ich Ihnen, liebste Mama mit dem kindlichsten Herzen. In den 2 ersten Jahren kommt es uns sehr zu statten, und jetzt besonders, da einige starke außerordentliche Ausgaben einfallen.

Ich glaubte es Lottchen und Ihnen schuldig zu seyn, das Opfer, das Sie mir von einer Seite bringen, Ihnen so leicht zu machen, als in meinen Kräften ist, und Lottchen wenigstens eine anständigen Rang hier zu geben. Ich mache sie zur Hofräthinn, das ist alles was ich kann; vor einigen Tagen habe ich das Patent dazu von Meinungen erhalten. Es ist ein Geschenk von dem Herzog.

Das 8te Blatt vom Courier du BasRhin erhalten Sie ganz gewiß; ich habe die Besorgung der academischen Buchhandlung übergeben, und diese erwartet es alle Tage. Die Bestellungen nach Strasburg gehen immer einen Schneckengang; aber eine Zeitung ausleyhen ist ja etwas erlaubtes – da das Stück gewiß nicht ausbleibt, so können Sie Sich, dächte ich, immer auf das Ausleyhen berufen.

Mit freudiger Ungeduld theuerste Mama erwartet Sie hier

Ihr ewig dankbarer Sohn

S.