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Schiller an Louise von Lengefeld, 7. Januar 1790

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Jena den 7. Jänner 90. [Sonnabend.]

Ihr Stillschweigen auf meinen letzten Brief, meine theuerste Mutter, macht mich unruhig und ungewiß, ob ich durch das Detail meiner Umstände, welches ich Ihnen darinn gab, Ihre Sorgen wegen der Zukunft, wie ichs wünschte, gehoben habe. So gewiß ich selbst überzeugt bin, daß von dieser Seite nichts unser Glück wird stören können, so gehört es doch unumgänglich zu meiner Beruhigung, daß Sie mit mir davon überzeugt sind, und für Lottchens äußre Lage nichts fürchten. Vielleicht aber erwarteten Sie nur, biss ich Ihnen das, was ich in meinem Brief als bloße Hofnungen angab, zur völligen Gewißheit machen würde. Dieses kann ich jetzt, der Herzog hat mir eine Pension von 200 Reichsth. ausgesetzt, welches freilich nicht viel ist, aber doch genug um, neben dem übrigen, zu unserer Subsistenz hinzureichen, und alles, was ich für jetzt mit Billigkeit von ihm verlangen kann.

Zu dem Inhalt meines vorigen Briefs weiss ich nichts mehr hinzuzusetzen; er enthält alles was ich über meine gegenwärtige Lage sagen kann. Sehr wahrscheinlich werden sich meine Umstände beßer machen, als ich sie Ihnen in meinem Brief angegeben habe, aber ich wollte Ihnen nur das gewisse schreiben, und nichts in Berechnung bringen, als wozu ich die gegründetsten und unfehlbarsten Aussichten habe.

Wenn Sie aber über diesen Umstand befriedigt sind, meine verehrteste Mutter, so erlauben Sie mir doch eine Bitte. Lassen Sie mich bald, lassen Sie mich gleich jetzt im Besitz meiner Wünsche seyn. Von aussen hindert unsre Vereinigung jetzt nichts mehr; meine Lage wird sich auch in diesem Jahre nicht weiter verbeßern, daß ein längerer Aufschub dadurch gerechtfertigt würde. Aber wieviel wird für meine, und ich darf sagen, auch für Lottchens Glückseligkeit gewonnen, wenn wir gleich jetzt zusammen leben können. Hier in Jena sind die nothwendigsten Anordnungen in wenigen Wochen gemacht. Ich behalte meine gegenwärtige Wohnung, weil dieses Haus in jedem Betrachte eins der besten ist, die ich hier finden könnte. Bloss einige Zimmer mehr brauche ich zu miethen, und ich kann sie auf derselben Etage haben. Mein Logis ist meublirt und recht anständig, so daß ich die Meubles auch ferner behalten kann; ich wäre nicht dafür, jetzt gleich etwas auf eigne Meubles zu verwenden. Eben so wenig wäre es nöthig dächte ich, sogleich eine eigene Menage anzufangen. Ich habe bisher einen recht guten Tisch in meinem Hause gehabt, und um einen überaus billigen Preiß. Mit 12 Reichsth. des Monats glaube ich Mittag und Abendtisch bestreiten zu können. Wieviel Umstände werden dadurch erspart. Ich brauche dann nur Eine Domestique für Lottchen; im Hause finde ich alle sonst nöthige Bedienung. Die übrigen Artikel z. B. Wäsche, haben hier alle eine so billige Taxe, daß man bey einer kleinen Haushaltung, wie die unsrige seyn wird, fast beßer thut, sie außer dem Hause besorgen zu lassen.

Sie sehen, daß von dieser Seite keine Verzögerung statt finden wird. Es wird also bloß von Ihrer Güte abhängen, meine theuerste Mutter, ob wir uns unsrer Vereinigung bald zu erfreuen haben sollen. Wenn Ihnen meine Glückseligkeit etwas gilt, so lassen Sie mich die vielen Freuden in Anschlag bringen, womit Lottchen mein jetziges verlassenes Daseyn in Jena verschönern wird. Meiner Geschäfte für diesen Winter sind so viele, daß mein Herz einen wohlthätigen Einfluß von aussen nicht entbehren kann. In Lottchens Besitze glücklich, werde ich mit noch einmal so freyen Geist meinen Geschäften abwarten, jetzt zerstreuen Verlangen und Sehnsucht mein Gemüth. Ich brauche Ihnen nicht erst zu beweisen, wie viel anders es ist, mit einem befriedigten Herzen zu arbeiten, als mit unbefriedigten Wünschen. Da Sie doch jetzt von Lottchen getrennt leben, so kann es Ihnen gleichviel seyn, meine theuerste Mutter, Lottchen in Jena oder Weimar zu wißen; genug daß Sie wißen, daß sie glücklich ist. Sollen Lottchen und Caroline jetzt zu Ihnen nach Rudolstadt kommen, und wollen Sie mir erlauben, daß ich sie dort aus Ihren Händen empfange? Entscheiden Sie, und erfreuen Sie mich bald mit Ihrer gütigen Antwort.

Voll Dankbarkeit, Verehrung und Liebe

ewig der Ihrige

Schiller.