HomeBriefeAn seine ElternSchiller an Johann Schiller, 7. Januar 1790

Schiller an Johann Schiller, 7. Januar 1790

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Jena, den 7. Januar [Donnerstag] 90.

Wie willkommen, liebster Vater, war mir Ihr letzter Brief und wie nöthig war er mir! Ich hatte den Tag zuvor die traurige Nachricht von Christophine erhalten, daß die Umstände meiner liebsten Mutter sich so sehr verschlimmert hätten. Und welche gesegnete Wendung hat diese langwürige Krankheit jezt genommen! Wenn in dem künftigen regimen vitae der liebsten Mutter Vorsicht beobachtet wird, so sind ihre langen vielen Leiden mit der Quelle gehoben. Dank sey der gütigen Vorsicht, die uns die liebe theure Mutter unsrer Jugend rettet und erhält. Meine Seele ist von Rührung und Dank bewegt. Ich mußte sie für auf immer für uns verloren halten, und sie ist uns wieder geschenkt worden!

Ich war in Weimar unter den Weyhnachtsferien, als die beiden Briefe von Meinungen und der Solitude ankamen, und nur der erste wurde mir nachgeschickt. Wie zerriß es mein Herz, daß meine theuerste Mutter das Glück ihres Sohnes nicht mehr erleben sollte. Ich hoffe, liebster Vater, der Brief, den ich vor ungefähr 3 oder 4 Woche an Sie abschickte, und worinn ich Ihnen von meiner Verbindung mit Lottchen Lengefeld Nachricht gab, ist jetzt in Ihren Händen, und er hat etwas zu Ihrer Beruhigung beygetragen. Der Herzog interessirt sich sehr für meine Heurath. Ich war kürzlich bey ihm, und habe eine jährliche Pension von 200 Reichsth. von ihm erhalten; die schöne Art, womit er dieselbe gab, muß ihren Werth bey mir erhöhen. Lottchen, die mit ihrer Schwester diesen Winter in Weimar zubringt, und ihn dort öfters bey Hofe spricht, begegnet er mit sehr viel Theilnahme und Achtung.

Daß ich auch jetzt schon darauf denke, meine Umstände immer besser zu machen, können Sie nicht mißbilligen. Ich bin mir selbst schuldig alles aus mir zu machen, was aus mir werden kann, und dazu gehört auch die äußere Lage. Die Zufriedenheit mit meinen jetzigen Umständen darf mich nicht hindern, noch nach einer Verbesserung zu streben. Ich betrachte meine jetzige Versorgung als eine Stuffe zu einem noch wichtigern Wirkungskreis, und diesen zu erreichen, wird es an meinem Fleiß nicht fehlen.

Vielleicht kann ich Ihnen schon in einem Monat schreiben, daß ich getraut bin. Äußerliche Hindernisse gibt es jetzt keine mehr; wenn meine Schwiegermutter mit der Einrichtung ihrer Tochter bis dahin fertig ist, so kann die Verbindung vor sich gehen. Sonst ist Ostern der längste Termin. Werden Sie meinen Wunsch wohl genehmigen, und mir die Nanette hieher schicken? Jetzt da die liebste Mutter besser ist, wird es weniger Schwierigkeiten damit haben.

Ich lege Ihnen einen Brief von meiner künftigen Frau bey, die sich unbekannterweise Ihre Liebe ausbittet. Sie ist jetzt ihre Tochter und gewiß eine gute Tochter, die Ihnen Freude machen wird.

Der Himmel segne Sie mit tausendfältigem Seegen bester Vater, und schenke meiner theuren Mutter ein heitres, schmerzenfreyes Leben. Darum bittet mit vollem Herzen

Ihr
Gehorsamer u. ewig dankbarer Sohn
Fritz.

Meinen lieben Schwestern tausend Grüße!