Bauerbach d. 12. April [Sonnabend] 83.
Bester Freund – Daß Sie Sich neulich in meinen Angelegenheiten haben erzürnen müßen, bedaure ich sehr, und wenn ich hätte vorherwißen können, daß die Sache so ausschlagen würde, so hätte ich mich lieber einige Tage eingeschränkt. Es ist wahr, daß mir meine Baarschaft seit etlichen Tagen ausging, welches aber ganz meiner eigenen Hartnäkigkeit zuzuschreiben ist. Ich habe, seitdem ich von Haus weg bin, stets den Fall vermieden, Geld von Hauß zu verlangen und immer von meinen Revenüen gelebt. Weil mir aber der Plan mit meiner L. Millerin fehlschlug und außerdem einige Einnahmen, auf die ich zählte, ausblieben (z. e. einige Caroline, die mir Schwan wegen Fiesco noch zu bezahlen hat, und der Werth einer Uhr, die ich einem Landsmann in Mannheim zurükgelaßen), so ist es gekommen, daß sich meine Börse erschöpft hat. Es ist aber mein Fehler, daß ich nicht zur Vorsorge früher nach Hauß schrieb. Doch soll dieser Fall, der der erste, und wie ich hoffe, auch der lezte in meinem Leben ist, in kurzem sich auflösen. Bei dieser Gelegenheit habe ich aber wenigstens das gewonnen, daß ich Ihrer edeln Gesinnung gegen mich nun ganz überzeugt bin. Ihre Bekümmerniß, daß Sie Freunden und Unglüklichen nicht so helfen können als Sie wünschten, macht Ihrem Herzen soviel Ehre, als dem Verhängniß Schande. Glauben Sie mir aber theurer Freund, ich hab es in meiner engen Sphäre schon gethan, und man hat mir es mit Fluch gedankt. Ich wünsche und hoffe, daß ich Ihnen auch hierinn noch den thätigen Freund werde zeigen können, denn ich würd mich schämen und es mir nimmer verzeihen, wenn Sie nur den Dichter und poetischen Freund, niemal aber den edeln Mann in mir kennen sollten.
Tausend Lebewohl, m. Theurer. In 8-10 Tagen (bälder nicht) sehen wir uns in Masfeldt und sie hören dann den 1. Akt des Don Karlos, der mein bestes Stück werden kann.
Ewig Ihr
Freund S.