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Schiller an Wilhelm Reinwald, 19. Juli 1798

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Jena 19. Jul. [Donnerstag] 98.

Verzeih, lieber Bruder, daß Du die verlangten Memoires so spät erhältst. Das erstemal hatte ich sie vergeßen, und als Du mich neulich daran erinnertest war ich schon in Garten gezogen und von meinen Büchern in der Stadt getrennt.

Es freute uns recht, von Deinem und meiner lieben Schwester Wohlbefinden zu hören und von dem Gedeihen eures Berges. Ich weiß es von mir selbst, wie viel diese kleinen Anlagen und Einrichtungen zur Erheiterung des Gemüths beitragen. Freilich habe ich in diesem und im vorigen Jahr meinen Garten nur halb genießen können, weil soviel gebaut werden mußte, um unsre Familie, die doch 7 Köpfe stark ist und also viel Raum braucht, bequem unterzubringen. Jetzt haben wir aber alle recht gut Platz, und würden, des Raums wegen, auch des Winters hier wohnen können, weil es auch ganz nah an der Stadt ist, wenn man dem Wind und Schneegestöber in einem freistehenden dünn gebauten Hause nicht zu sehr ausgesetzt wäre. Wir können uns in drey Stockwerke vertheilen, die Kinder und das Gesinde bewohnen den untern Stock, meine Frau den mittlern und ich bewohne die Mansarden, wo ich ein großes Zimmer und zwei kleine Piecen habe. Die Küche ist vom Hause abgesondert. Auch habe ich diesen Sommer einen Pavillon am Ende des Gartens bauen laßen, von zwei Stockwerken, woraus man eine recht hübsche Aussicht hat. Meine Frau soll euch gelegentlich einen Riß, sowie auch einen Prospect des Gartens schicken.

Von Leonberg haben wir recht gute Nachrichten. Das gute Befinden meiner Mutter und ihre Zufriedenheit mit ihrer Lage in einer so äuserst drückenden Zeit ist mir sehr beruhigend.

Ich umarme Dich lieber Bruder herzlich, Tausend Grüße der lieben Schwester. – Meine Frau grüßt euch gleichfalls aufs beßte.

Dein

treuer Br.

Schiller.

Meine Frau trägt mir auf, der Fine zu sagen, daß ihr ein Brief von ihr durch H. v. Uttenhove vor 14 Tagen erst zugekommen sei und daß sie ihn ehestens beantworten werde.