Bauerbach den 22. Mai [Donnerstag] 1783.
Der erste Augenblik, der wieder mein eigen ist, gehört Ihnen theurer Freund. Heute kann ich einmal wieder Athem schöpfen, denn schon 9-10 Tage war ich mit lauter Kleinigkeiten überhäuft, die mich nicht zu mir selbst kommen ließen. Ich hatte es auf mich genommen auf die Ankunft der F. v. Wolzogen Haus und Garten in den Stand zu richten, und weil ich im leztern eine neue Anlage machte, die auch mein Vergnügen befördern sollte, so mußte ich immer aller Orten seyn. Meine Louise Millerin blieb liegen, und mit dieser müßen auch Sie mein Guter ein Schiksal theilen. Wärmer kehre ich zu Ihnen, wie zu dieser zurük.
Den Einzug der F. v. Wolzogen habe ich von den Unterthanen feierlich begehen laßen, welches Gelegenheit zu einem sehr angenehmen Abend gab. Von dem äußersten Ende des Orts ließ ich eine Allee von Maien biß zu ihrem Hause anlegen. Am Hof des Hauses war eine Ehrenpforte von Tannenzweigen errichtet, die auch Sie noch mit ansehen werden, denn bald, sehr bald müßen Sie kommen, mein Bester. Vom Hause ging es unter Schießen in die Kirche, die überal mit Maien voll gestekt war. Wir hatten artige Musik mit Blasinstrumente, und der Pfarrer von Bibra hielt eine Einzugsrede u. s. f. Ich würde Ihnen dergleichen Kleinigkeiten gar nicht schreiben, wenn ich es nicht etwas intereßant fände, daß in dem barbarischen Bauerbach dergleichen geschehen ist.
Sontags, mein Lieber, werden Sie schwerlich Geschäfte haben. Entschließen Sie Sich hieher zu kommen und einen vergnügten Tag auf dem Land zu genießen. Sie werden mich zu Maßfeld treffen, und dann mit mir hieherspazieren.
Ich sehne mich nach Ihnen guter lieber Mann, und habe es nötig, neue Glut und neuen Geist in Ihren Armen zu sammeln. Schreiben Sie mir indeßen nur einige Zeilen, und bestimmen Sie zugleich die Zeit, wenn Sie zu Maßfeldt eintreffen können. Meinen Fiesko habe ich neulich bei Ihnen liegen laßen. Haben Sie die Güte und geben ihn der Ueberbringerin mit. Bald wird man Kritiken darüber hören. Wir wollen doch suchen. Sind allenfalls Briefe eingeloffen, so werden Sie mir solche mit schiken.
Izt leben Sie wol lieber Freund, und machen Sie mir doch ja Hofnung Sie bald zu sehen, Sie wißen ja, daß Sie im Buch meiner Glükseligkeit ein starkes Alphabet einnehmen. Ewig Ihr Freund
R.
