Dresden d. 7. April [Freitag] 86.
Verzeihung, liebste Freundin, daß ich Sie schon wieder mit einem Brief belästige. „Das ist ein aufdringlicher Mensch werden Sie freilich sagen, er läßt einem keine Ruhe mit Schreiben. Weiß ich denn nicht schon daß er mir gut ist, recht herzlich gut ist, was braucht mirs denn der Narre noch erst lange schriftlich zu versichern? Aber das ist einmal seine Schwachheit. Er machts mit Jederman so.“
Meinen lezten Brief vom 25. März haben sie hoffentlich erhalten. Ich schrieb Ihnen darinn, daß unser lieber Kunze uns eine überraschende Freude durch seinen Besuch gemacht hat, daß er sich in Dresden auch ganz gut befinde biß auf die Kammerdiener und Schweizer in der katholischen Kirche. Er versicherte, daß sein Auffenthalt in der Residenz der angenehmste von der Welt sei, und daß er Gott danken würde, wenn er das Thor hinter dem Rücken habe. In meinem vorlezten Briefe vom 14. März Seite 5. habe ich Ihnen gemeldet, daß ich mich von Herzen darauf freue Sie wieder zu sehen, und daß ich mit Ungeduld den Sommer erwarte, der uns wieder zusammenbringen wird. Eine ähnliche Versicherung steht in meinem vorhergehenden Briefe vom 29 Februar, wo ich Ihnen unter andern schrieb, daß das Holz hier sehr theuer sei. Sehen Sie liebste Freundin von allen diesen Briefen habe ich Kopieen, wenn sie auf der Post sollten verloren gegangen sein.
Nun liebe Kinder seid ihr alle beisammen biß auf mich, und ich dächte ihr solltet mich wenigstens ein bischen vermissen, wenigstens aus dem angenehmen Rausch eures Wiedersehens einen Blik auf meinen Jammerstand werfen.
„Mir graut vor dem Gedanken
auf dem Kohlenmarkt allein zu sein. Ich bin
allein“ Karlos. II. Akt. 3ter Auftritt.
Daß ich herzlich gern mit gereißt wäre kann ich nicht läugnen, es hat mich Ueberwindung gekostet, aber beßre Ueberlegung hat über meine Wünsche gesiegt. Das wäre ein schlechter Kaufmann würde Kunze sagen, der seine Rechnungen und sein Comptoir linker Hand liegen ließe, um seinem Herzen zu gefallen zu leben. Eben das gilt von mir. Es war eine Zeit wo ich Monate sündlich wegwarf, darum muß ich jezt mit Tagen und Wochen geizen. Doch vertröste ich meine Wünsche auf Eure Hieherkunft, und auf die Ostermesse übers Jahr, wo wir, so Gott will, in Leipzig beisammen sein werden.
Nun eine kleine Bitte liebe Kunzin, die Sie einem Trauerspieldichter nicht abschlagen müssen. Ich hätte Dorchen damit belästigt, aber Körners reisen zu Bald nach Zerbst ab, und ich weiß daß Sie mir auch eben so gern den Gefallen thun. Ich möchte Tuch zu einem Frak aus Leipzig haben, weil ich es hoffentlich da beßer und wohlfeiler bekommen kann. Haben Sie die Güte und nehmen mirs aus. Die Couleur de Rammoneur ist mir die liebste. Der Preiß der Elle darf zwischen 3 und 4 Thaler sein, theurer als 4 Thaler mag ich es nicht. Ich brauche 3 Ellen ¼; englisches ist mir das liebste. Zum Futter habe ich schon einmal in Leipzig bei einem gewissen Kaufmann Firal eine Art halb seiden oder florettseiden Zeug gekauft, den man Minorca nennt. Von diesem nehmen Sie auch 5 und ½ Elle sie kostet einen halben Thaler, aber weißen. Wenn man gestikte „Gros de tourn. Westen“ mit Gold um einen billigen Preiß bekommen kann, so hätte ich Lust eine zu nehmen. Sie darf mich aber nicht höher als ein Carolin kommen, übrigens kann sie so simpel sein als möglich. Ich liebe das überladene Wesen nicht. Das ganze zusammen wird ohngefehr 23 bis 24 Thl. machen, und ich habe darum Goeschen geschrieben, der an mich eine Auszahlung hat, daß er es in meinem Nahmen richtig machen soll. So brauch ichs nicht erst zu schiken. Das Gekaufte geben Sie Körners mit, denen Sie ja ohnehin eine Antwort auf diesen Brief mitgeben.
Werden Sie mirs wol verzeihen daß ich Ihnen soviel Beschwerlichkeit zumuthe? Brauchen Sie Repressalien, schrieben Sie mir wenn Sie hier Garn oder Baumwolle oder Butter und Schmalz einzukaufen haben. So will ich mir eine Ehre daraus machen es zu besorgen.
Noch einmal liebste Freundin vergeßen Sie meiner nicht ganz, wenn der Zirkel beisammen ist. ich habe ja ein Gedicht auf die Freude gemacht, ich bins also doch werth, daß man in der Freude meiner gedenkt. Leben Sie wol. Empfehlen Sie mich meinem lieben Kunze, oder Karoline und Hartwig recht sehr. Grüßen Sie mir unsern Christian und Ihre guten Schwiegerältern, und vor allen Dingen bleiben Sie ein bischen gut
Ihrem aufrichtigen Freund
Fridrich Schiller.