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Schiller an Friedrich Zelter, 7. August 1797

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Jena 7. August [Montag] 97.

Nehmen Sie meinen beßten Dank an für Ihre lieblichen und herzlichen Melodien, die mir die Herren Mendelsohn und Veit gestern überbracht haben. An Mignon, welches auch dem Text nach am meisten musikalisch ist, macht vorzügliche Wirkung, und in der Romanze, wo es natürlicherweise unmöglich ist für jede Strophe gleich gut zu sorgen, ist der Ton des Ganzen sehr paßend; besonders freute es mich, daß Sie die 3 Schluß Verse gerade so und nicht anders genommen haben. Ich wollte wetten, daß hundert andre hier den Gang recht rasch und hüpfend gemacht haben würden, weil die Versart gewißermaßen dazu verführen kann.

Hr Mendelsohn sagte mir sehr viel Schönes von der Melodie zu dem Reiterliede und machte mich sehr verlangend darnach. Ihrem Wunsche gemäß Ihnen etwas aus dem Stücke selbst zu senden war mir unmöglich, es liegt noch zu roh hingeworfen da, als daß ich mich entschließen könnte, es aus der Hand zu geben. Soviel bemerke ich indeß, daß bloß Soldaten den Chor ausmachen, und daß die zwey mit einander abwechselnden Stimmen ein Küiraßier und ein Jäger sind, davon der erste einen Ernst und eine Tiefe es Gefühls besitzt, der zweite hingegen eine leichte lustige Natur ist; der erste sieht unter dem Soldatenrocke mehr die Freiheit des wahren Menschen, der andre mehr die Freiheit des Wilden und des Libertin.

Hier erhalten Sie wieder eine kleine Ballade, und ein Lied, das ich vielleicht noch nicht aus den Händen geben sollte, da wahrscheinlich noch einige Strophen hinzu kommen. Indeßen da ich nicht weiß, ob ich sobald eine Stimmung dazu finde und der Zusatz vielleicht auch ganz unterbleibt, so will ich es doch lieber senden als liegen lassen, denn musikalisch scheint es mir zu seyn, und sollte auch noch etwas dazu kommen, so schmiegt es sich entweder ganz an den hier angegebenen Ton an, oder mit dem veränderten Ton wird dann auch ein neues Silbenmaaß eingeführt, also auch eine neue Melodie angefangen, so daß Sie das hier folgende als fertig ansehen können.

Ob das Dritte Gedicht: die Worte des Glaubens gesungen werden kann, weiß ich nicht; vielleicht im Geiste der Kirchengesänge. Ich überlaße es Ihrem Genius.

Die HH. Veit und Mendelsohn sagten mir, daß Sie nicht ungeneigt wären, einmal in unsre Gegend zu kommen, im Winter, wenn Sie freyer von Geschäften sind. Führen Sie das ja im nächsten Winter aus, Ihre persönliche Bekanntschaft würde mir große Freude machen.

Ihr ergebenster

Schiller.