Weimar 17. Jenn. [Sonntag] 1802.
Ich habe an Opitz geschrieben, daß er dir auf dein Ansuchen Abschriften von der M. St. und d. J. v. O. verabfolgen lassen könne. Du hast dich also deßhalb unmittelbar an ihn zu wenden. Ich will dir, außer diesem, eine Abschrift von meiner neuesten Arbeit, der Turandot, die ich nach Gozzi neu bearbeitet habe, zusenden, sobald ich eine Abschrift davon habe. Dafür aber erbitte ich mir, als einen Gegendienst, daß du für den jungen Hölzlin der sich beim Theater zu Mannheim aufhält, etwas thun mögest. Seine armen Aeltern haben mir bei meinem Aufenthalt in Mannheim Freundschaft erwisen, sie sind jetzt in übeln Umständen, die arme Mutter hat sich an mich gewendet, und ich wünschte herzlich gern etwas zu ihrer Erleichterung beizutragen. Laß unsre Freundschaft, die jetzt wieder neu auflebte und wie ich sicherlich hoffe, ununterbrochen fortdauren wird, durch die guten Wünsche einer Familie, die uns beiden ihre Verbesserung dankt, eingeweiht und versiegelt werden.
Die Turandot, die du wahrscheinlich aus Gozzi schon kennst, ist ein Stück, welches auf jeder Bühne und besonders bei einem fröhlichen sinnlichen Publicum, Glück machen wird. Auch ist in dem Stück, da es in China spielt und bloß fabelhafte Verhältnisse behandelt, nichts woran auch das reizbarste Publicum Anstoß nehmen könnte. Sie wird bald in Dresden gespielt werden, dieß ist in Absicht auf Censur etc. alles gesagt.
Es thut mir sehr leid, daß du dich über I. zu beklagen hast. Freilich mögen die Verhältnisse, die ihn treiben und drängen, seine Stimmung verändert haben. Er hat als Director d. Th. ein böses Schiff zu regieren, er ist als Schauspieler und als Dichter im Kampf mit dem Partheigeist und dem Zeitgeschmack, er will erwerben und reich werden, und es fodert schon den ganzen Mann, sich im Besitz zu erhalten. Das kann ihn däucht mir bei einem nachsichtigen Freund entschuldigen, wenn er sich nicht immer gleich bleibt; aber eine Jugendfreundschaft wie die eurige ist unzerstörbar und ich zweifle nicht, ihr werdet einander wieder finden.
Charlotte Kalb hat Lust wieder von Erlangen weg und nach Weimar zu ziehen. Ich weiß nun zwar nicht, ob sie sich hier wieder gefallen wird; aber ich freue mich doch sie wieder zu sehen und wünsche zu Ihrem Wohlbefinden etwas beitragen zu können.
Deinen Vorschlag wegen einer Reise nach Mannheim wünschte ich ausführen zu können, aber in dem nächsten Frühjahr kann es noch nicht geschehen, eher im künftigen Jahr wo ich eine Reise nach Schwaben und der Schweitz damit verbinden möchte.
Lebe recht wohl, empfiehl mich deiner Frau und erhalte mir deine Liebe.
Schiller.