Jena, d. 22. December [Dienstag] 1789.
Durchlauchtigster Herzog,
Gnädigster Fürst und Herr!
Euer Herzogliche Durchlaucht haben mich durch Uebertragung einer Professur bey der Academie in Jena zu der höchsten Dankbarkeit verpflichtet. Mein einziges Bestreben wird dahin gerichtet sein, das gnädigste Vertrauen, das Euer Durchlaucht in mich setzen, durch meinen Fleiß und meinen Eifer zu rechtfertigen. Aber ehe ich mich dieser Gnade noch habe würdig zeigen können, muß ich Ihre Güte, gnädigster Herr, durch eine neue Bitte misbrauchen. Ich bin auf dem Wege, eine Heurath zu thun, die das ganze Glück meines Lebens ausmacht; mit einem Fräulein von Lengefeld, einer Tochter der Oberhofmeisterin in Rudolstädtischen Diensten. Da mir die Güte der Mutter und die Liebe der Tochter das Opfer des Adels bringt, und ich ihr sonst gar keine äußerlichen Vortheile dafür anzubieten habe, so wünschte ich, ihr dieses Opfer durch einen anständigen Rang in etwas zu ersetzen oder weniger fühlbar zu machen. Durch zwey Silben, gnädigster Herr, können Sie meinen Wunsch erfüllen, und dieses Geschenk würde aus den Händen Euer Herzoglichen Durchlaucht einen vorzüglich hohen Werth für mich haben. Ich fühle wie kühn meine Bitte ist, da ich kein Verdienst aufzuweisen habe, welches mir Ansprüche darauf geben könnte; aber Ihre Gnade, gnädigster Herr, kann mir Verdienste leyhen, die ich mir erst in der Zukunft erwerben soll.
Nur ein grenzenloses Vertrauen zu Ihrem wohlwollenden Herzen, das sich gegen meine Familie schon thätig gezeigt hat, gab mir den Muth, diese Bitte an Euer Durchlaucht zu wagen. Ich ersterbe mit der tiefsten Verehrung Euer Hochfürstlichen Durchlaucht unterthänigst treu gehorsamster
Friedrich Schiller.