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Schiller an Herzog von Weimar, 4. Juni 1804

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Weimar den 4. Juny [Montag] 1804.

Durchlauchtigster Herzog
Gnädigster Herr.

Ich bin nach Berlin gereist, um das dortige Theater mit dem ich seit mehreren Jahren Geschäfte habe, näher kennen zu lernen, und für meine künftigen Stücke einen vortheilhaften Contract zu schließen. Ganz unerwartet und ungesucht geschehen mir Anträge von Seiten des Cabinetsraths Beime, mich dort zu fixieren. Man hat mich aufgefordert, meine Bedingungen zu machen, und ist geneigt, mir soviel zu bewilligen, als ich zu meiner Existenz in einer großen Stadt würde nöthig haben.

Es konnte mir nie in den Sinn kommen, gnädigster Herr, irgend ein Etablissement ohne Ihre höchste Genehmigung einzugehen. Es ist daher in dieser Sache von mir noch kein Schritt geschehen. Eurer Durchlaucht eröfne ich sie zuerst und lege die Entscheidung mit vollem Vertrauen in Ihre Hände.

Ich weiß, was ich der Gnade Eurer Durchlaucht schuldig bin, und ich glaube nicht, zu den feilen Menschen zu gehören, die aus Leichtsinn oder Gewinnsucht die heiligsten Bande auflösen. Nicht bloß die Pflichten der Dankbarkeit, auch Neigung und freundschaftliche Bande fesseln mich an Weimar. Die Aufsicht auf eine glänzendere Lage würde mich also nie in Versuchung führen.

Aber, gnädigster Herr, ich habe Familie, und ob ich gleich mit demjenigen, was mir die Großmuth eurer Durchlaucht jährlich ausgesezt, und mit dem, was meine Arbeiten mir erwerben, vollkommen ausreiche, so habe ich doch für meine Kinder noch wenig zurücklegen können. Ich bin 43 Jahr alt, meine Gesundheit ist schwach und ich muß auf die Zukunft denken. Diese einzige Rücksicht macht es mir zur Pflicht, eine wesentlich Verbesserung meiner Umstände, die sich mir anbietet, nicht gleichgültig von mir zu weisen, aber glücklich würde ich mich schätzen, wenn ich diese Verbesserung von der Gnade Eurer Durchlaucht erhalten, und so Ihnen und Ihnen allein alles verdanken dürfte.

In Berlin will man mir soviel bewilligen als ich zu meiner Existenz nöthig habe, der Ertrag meiner Schriften würde demnach mein reiner Gewinn seyn. Aber meine hiesigen Verhältnisse sind mir so theuer, daß ich mit Freuden auch künftighin zwey Drittheile dieser Einnahme jährlich zusetzen will, wenn ich durch die Großmuth Eurer Durchlaucht in den Stand gesezt werde, Ein Drittheil davon des Jahrs für meine Kinder zurück zu legen.

Eure Durchlaucht haben mir schon so viele Beweise gegeben, daß Ihnen mein und der meinigen Glück nicht gleichgültig ist. Sie selbst haben den Grund dazu gelegt, und eine freudige Hofnung sagt uns, Sie werden Ihr eigenes Werk vollenden.

Mit tiefster Devotion und Verpflichtung ersterbe ich

Eurer Herzoglichen Durchlaucht
meines gnädigsten Herrn
unterthänigster
Fr. v. Schiller.