[Stuttgart, Frühjahr 1781].
Liebster Freund – daß Du siehst, wie viel mir an der Herausgabe meines Trauerspiels gelegen ist, und daß Du sie, falls Du, wie ich hoffe, Deine Einwilligung dazu gegeben hättest, um so eifriger betreibst, will ich Dich izt schriftlich nochmals an das erinnern, was Du von Hoven schon, nach allen Künsten des überredenden Franzens, gehört haben wirst. Der erste und wichtigste Grund warum ich die Herausgabe wünsche ist jener allgewaltige Mammon, dem die Herberge unter meinem Dache gar nicht ansteht – das Geld. Stäudlin hat für einen Bogen seiner Verse einen Ducaten von einem Tübinger Verleger bekommen, warum sollt ich für mein Trauerspiel, das durch den neuen Zusaz 12-14 Bogen enggedrukt geben wird, von einem Mannheimer nicht eben so viel – nicht mehr bekommen können. Was über 50 Gulden abfällt ist Dein. Du must aber nicht glauben als ob ich Dich dadurch auf einem interessirten Wesen ertappen wollte (ich kenne Dich ja) sondern das hast Du treu und redlich verdient und kannst brauchen.
Der zweite Grund ist wie leicht zu begreiffen, das Urtheil der Welt, Dasjenige, was ich und wenige Freunde mit vielleicht übertrieben günstigen Augen ansehen, dem unbestochenen Richter dem Publicum, preißzugeben. Dazu kommt noch die Erwartung, die Hoffnung und Begierde, welches alles mir meinen Auffenthalt im Loche der Prüfung verkürzen und versüßen, und mir die Grillen zerstreuen soll. Ich möchte natürlicherweise auch wissen, was ich für ein Schiksal als Dramatiker, als Autor zu erwarten habe.
Und dann endlich ein dritter Grund, der ganz ächt ist, ist dieser: Ich habe einmal in der Welt keine andere Aussicht als in einem Fache zu arbeiten. D. h. Ich suche mein Glük und meine Beschäftigung in einem Amt, wo ich meine Physiologie und Philosophie durchstudieren und nüzen kann, und wenn ich etwas draußen schreibe, so ists in diesem Fache. Schriften aus dem Felde der Poesie, Tragödien u. s. w. würden mir in meinem Plane, Profeßor in der Physiologie und Medicin zu werden hinderlich seyn. Darum suche ich sie hier schon wegzuräumen.
Schreib mir also, liebster Freund, ob und wie Du gesonnen bist! Daß es herauskomme, ist nicht zu besorgen, meinerseits soll die genaueste Vorsicht beobachtet werden. Und geschieht es – so ist es immer Zeit, daß Du Deiner Brüder einen als Autor davon ausstreuen kannst – daß Du Dich selbst nennst will ich Dir nicht zumuthen, auch wär es zu schmeichelhaft von meinem Product gedacht – Vergiß auch das Geld vor die Bücher nicht, denn ich und Kapff1 habens wirklich verflucht nöthig. Betreib es ja. 4-5 Gulden kannst Du doch immer davor kriegen.
P.S. Höre Kerl! wenns reussirt. Ich will mir ein paar Bouteillen Burgunder drauf schmeken laßen. Leb recht wol.
Schiller.