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Schiller an Gottfried Körner, 7. Mai 1788

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Weimar, 7. Mai [Mittwoch] 1788.

Ich wollte die Gelegenheit mit Madame Duscheck, die sich einige Tage hier aufhielt, benutzen, Dir die Bibliothekbücher zu schicken; sie hatte aber nicht Raum genug dafür im Wagen, darum bleiben sie nun bis auf kommenden Montag liegen. – M. Duscheck hat hier ziemliches Glück gemacht. Anfangs wollte es nicht gleich gehen, weil ihre Stimme theils von der Reise etwas gelitten hatte, theils auch, weil die hiesigen Ohren nun einmal nicht ganz unbefangen sind. Unter anderen machte die regierende Herzogin die Bemerkung über sie, daß sie einer abgedankten Maitresse nicht unähnlich sehe. Ich muß Dir selbst gestehen, daß mir die Duscheck hier, wo ich sie öfter sah, viel weniger gefallen hat, als in Dresden: sie hatte soviel (Frechheit möchte ich es nicht gern nennen), soviel Dreistigkeit, und in ihrem Aeußern, worin man ihr vielleicht Unrecht thut, soviel Moquantes. Weil aber die Herzogin Amalie artig gegen sie war, so kam sie auf, und hatte in drei Concerten Gelegenheit, den ersten Eindruck zu verbessern und ihr ganzes Talent sehen zu lassen, daß man hernach allgemein davon erbaut wurde. Bei dieser Gelegenheit hat die Herzogin Amalie, bei der ich schon lange wieder recht gut stehen mag, ohne eigentlich die Ursache dieser Revolution zu wissen, die Artigkeit für mich gehabt, mich in der ganzen Stadt aufsuchen zu lassen und nach Hof zu invitiren. Aber Wieland hätte bei dieser Gelegenheit um ein Haar mit ihr Verdruß gehabt. Er war mit seinen ordinären Spielgesellen just im l’Hombre begriffen, als ein ähnlicher Ruf an ihn erging. Um seine theuren Brüder aber nicht sitzen zu lassen, entschuldigte er sich; das verdroß denn die Herzogin ein wenig, und sie gab mir einen ziemlich derben Auftrag an ihn, der Spaß sein sollte, aber es nicht war. Er sei ein altväterischer platter Mensch, ein Philister; ein andermal, wenn er wieder was bei ihr hören wollte, würde sie ihm die Thüre vor der Nase zuschlagen u. s. w., was ich buchstäblich überliefern sollte, aber es natürlich nicht that. So glimpflich ich es aber auch ausrichtete, so wäre ich doch beinahe mit ihm ins Handgemenge gekommen.

Der Aufenthalt der Duscheck bei uns hat mich vier bis fünf Tage bei Soupers und Picknicks herumgezogen, welche aber nicht besonders viel Interesse für mich hatten, mir aber Geld kosteten, wofür es doch in der That schade ist. Sie wird Dir vom hiesigen Hofe eine ziemlich gute, von den bürgerlichen Zirkeln hingegen nicht die glänzendste Beschreibung machen.

Das erste kannst Du Dir erklären; das zweite ist insofern wahr, daß sich die Bürgerlichen an ein Wesen von dieser Art nicht so recht anzuschließen wissen, und es ist schwer zu sagen, ob ihnen dieses mehr Schande als Ehre macht.

Ich habe Euch bei diesem schönen Frühlingswetter schon manchmal bedauert, daß Ihr es nicht recht benutzen könnt; mir hat es an Leib und Seele wohlgethan. Ich werde nun schwerlich noch über eine Woche hier verharren, doch kannst Du bis auf weitere Verabredung Deine Briefe noch hierher adressieren.

Wegen der Fritschischen Sache habe ich dermalen noch keine Auskunft, ich werde aber der Sache auf den Grund zu kommen suchen.

Bertuch ist vor einigen Stunden aus Leipzig wieder angekommen, und ich erwarte ihn alle Augenblicke bei mir. Du kannst leicht denken, ob ich begierig sein werde, den Ausgang der Götzschen Angelegenheit von ihm zu erfahren. Ob er wohl gar Geld bringt? – Dann will ich seinen Pfad mit Rosen bestreuen.

Ich habe nun zwanzig Stück Recensenda aus Jena erhalten, worunter auch Goethes Egmont sich befindet. Man war von meinen Recensionen sehr erbaut, ob man gleich die wenigsten wird brauchen können, weil die Schriften schon ein und ein halb Jahr alt, und viele darunter schon vergessen sind. In dem Aprilstück des Mercur ist nichts von mir; ich habe nicht Zeit gehabt; aber ein Aufsatz über Polytheismus, von Herrn v. Knebel und Herder zusammengestoppelt, den meine Götter Griechenlands veranlaßt haben sollen. Du wirst selbst sehen, mit welchem Rechte dies gesagt werden kann. Das V. Heft der Thalia ist heraus. Laß Dirs also in meinem Namen von Göschen schicken, oder soll ich es besorgen?

Lebe wohl und tausend Grüße Deiner Frau und Dorchen. Charlotte ist nach Kalbsrieth, um einige Monate da zu bleiben. Das Uebrige Deines Briefes ein andermal. Adieu.

S.