HomeBriefeBriefwechsel mit Gottfried KörnerSchiller an Gottfried Körner, 1. September 1790

Schiller an Gottfried Körner, 1. September 1790

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Jena, 1. September [Mittwoch] 1790.

Viel Glück zum Appellationsrath! Ich kann mir denken, wie der gelungene Wunsch Dich erfreut. Deine jetzige Existenz ist nun völlig gedeckt, und Du weißt doch nunmehr, warum Du Deine Fesseln trägst. Es hat mich seither schon oft ungeduldig gemacht, Dich auf eine späte Verbesserung, deren Du vielleicht alsdann nicht mehr nöthig hättest, warten und mit dem lästigsten Zwange kämpfen zu sehen. Jetzt hast Du wenigstens einen nicht zu verachtenden Ersatz.

Diese ganze Sache freut mich um so mehr, da mir verschiedene Besorgnisse aufgestiegen sind, Du könntest Deines Wunsches verfehlen. Zwischen den Geschäftsmenschen, den Sackträgern des Staats und den denkenden Köpfen ist selten viel Harmonie zu hoffen; und bei Euch besonders ist es gefährlich, im Ruf zu stehen, daß man etwas anderes höher schätzten könnte, als sein Brodfach. Ich fürchtete wirklich, Deine Liebhaberei für Kunst und was damit verwandt ist, insofern sie sich in einer gewissen Lauigkeit im Dienst äußerte, würde Dir bei Deiner Bewerbung schaden. Daß dies nicht geschehen ist, muß ich dem vortheilhaften Eindrucke zuschrieben, den Du auf den größeren Theil der dortigen Einflußmenschen machst. Du hast Deinen Rechtshandel offenbar durch Deinen persönlichen Werth gewonnen, denn der Sache nach hättest Du ihn, däucht mir, vor diesen Richtern verlieren müssen. Um so mehr Gewinn und Ehre für Dich.

Ich bin begierig, wie Du nach dem ersten halben Jahre Dir in dieser neuen Lage gefallen wirst. Offenbar werden dir Deine nunmehrigen Dienstgeschäfte, wenn auch mehr gehäuft, doch weit weniger drückend seyn, als die alten. Die Sache selbst, der Eifer der Neuheit, ein gewisser Ehrgeiz, die vorausgesetzte gute Meinung zu rechtfertigen, wird sie Dir erleichtern; und man thut unendlich gern, was man nicht weggeworfen weiß und wovon man die Früchte erntet. Ich fürchte nicht für Deine Kunstbegeisterung und Deinen Geschmack, eher für Deinen fortdauernden Diensteifer; aber alles wird gewonnen sein, wenn Du Dir Fertigkeit genug erworben hast, Deine neuen Geschäfte mit Leichtigkeit zu behandeln.

Ich bin noch immer im dreißigjährigen Kriege, aber in vier oder fünf Tagen ist diese Arbeit geendigt. Bis dahin bleibt es bei diesem kurzen Gruß. Von meiner Lotte herzliche Grüße an Dich und die Frauen.

Dein S.