HomeBriefeBriefwechsel mit Gottfried KörnerSchiller an Gottfried Körner, 16. April 1788

Schiller an Gottfried Körner, 16. April 1788

Bewertung:
(Stimmen: 0 Durchschnitt: 0)

Weimar d. 16. April [Mittwoch] 1788.

So wie Du in gar vielen Dingen vernünftiger denkst und handelst als ich, so hast Du es auch dißmal gethan und ich danke Dir recht sehr dafür. Falsche Discretion hat mich abgehalten, von Wieland zu fodern, den ich gerade jezt nicht solvendo glaubte; zugleich fürchtete ich, durch ein voreiliges Fodern meinem Contract überhaupt Schaden zu thun, wenn er allenfalls willens gewesen wäre, mich en gros und nicht per Bogen zu bezahlen. Da dieses indessen noch sehr zweifelhaft ist, so glaube ich ganz recht gethan zu haben, dass ich Deinem Rathe folgte und mir 50 Thlr. auf Abschlag von ihm bezahlen liess, welches ganz ohne Schwierigkeit ablief. Ich bin also meiner Verlegenheit überhoben, und an der Beitischen Schuld sind doch 100 Thlr. abgetragen. Die anderen will ich durch Crusius besorgen lassen, weil ich mich hier recht gut durch die Einnahme von der Thalia und dem Merkur hinhalten kann. Die Dalbergschen Gelder rechne ich nicht, weil er mich immer mit meinem Wechsel bei der deutschen Gesellschaft chicaniren kann. Im ganzen genommen ist mir doch jetzo leichter ums Herz, weil ich ohne Mühe, d. h. ohne mich zu überspannen, jetzo mehr erwerbe, als ich aufgehen lasse. Ich bin also doch auf dem Wege zur Genesung, und so langsam vielleicht auch mein Schuldenzahlen geht, so geht es doch, und das ist mehr, als ich seit 29 Jahren mich erinnern kann. Schlägt die Niederl. Rebellion ein, daß innerhalb 2 Jahren eine neue Auflage zu machen ist, so habe ich gleich 400 Thaler baar und ohne Mühe verdient; denn unter 4 Alphabeten beträgt sie nicht, und Crusius hat mir für die zweyte Edition 4 Thaler zugesagt. Da mich Riga bezahlt hat, so kann ich dieses Theater auch künftig bey meinen Stücken rechnen, und dann habe ich Aussichten aufs Wienerische, weil mein Fiesko dort, wie Du weißt, eingeschlagen, und meines Nahmens Gedächtniß also dorten gestiftet ist. In einigen Jahren verhilft mir eine Generaledition meiner Stücke dann auch zu einer baaren Summe. Kleinere Aufsätze für den Merkur, die ich in dieser Zeit zu Stande bringen muß, nebst den schon vorhandenen in der Thalia und anderswo, geben Stoff zu einigen Bänden vermischter Schriften, so wie meine Gedichte sich bis dahin zu einer honetten Sammlung häufen. Das sind also meine Ruhepunkte fürs künftige, die ich mir darum gegenwärtig mache, um Muth und Freude bey mir zu erhalten; auch Dir, denke ich, sollen sie, in meiner Seele, angenehm seyn, und übertrieben wirst Du sie nicht finden.

Lass mich doch wissen, ob Du wegen Deiner Ausgaben nicht verlegen bist, oder werden kannst; dies wird mich sehr beruhigen. Es kränkte mich längst, dass ich Dir biß jezt noch gar nicht habe Wort halten können, weil Du vielleicht doch bey Deinem Arrangement darauf gerechnet hattest. Du kennst zwar meine ganze Lage und mein Wesen, und dass es Dir nie einfallen konnte, mir darüber böse zu seyn, weiß ich auch – aber dann sehe ich wieder nicht ein, warum Du von meinem schlimmen Schicksale leiden sollst, und warum ich Dich darein verflochten habe? Bist Du aber nicht genirt, so tröste ich mich mit der Aussicht, auch diesen Berg endlich abzuwälzen und die angenehme Zeit zu erleben, wo das fatale Wort: Geld nie unter Dir und mir mehr genannt werden wird.

Lebe wohl. Auch ich will keine bessere Materie mit diesem Geldbriefe beschmutzen. Jezt sehne ich mich nach glücklichen Nachrichten von Minna, die Du mir hoffentlich mit kommender Post melden wirst. Grüße mir beide recht herzlich.

Dein Schiller.

Die Bibliothecbücher lass mir nur noch 9 oder 10 Tag, dann sollen sie mit Meßgelegenheit folgen. Sey so gut und nenne mir in Deinem nächsten Briefe d. Nahmen der 2 Bücher, die von der Chronologie, Genealogie, Diplomatick u. s. f. handeln; Du hast mir sie einmal geliehen, und ich will sie mir durch Crusius kommen lassen. Eins ist von Gatterer, glaube ich.