HomeBriefeBriefwechsel mit Gottfried KörnerSchiller an Gottfried Körner, 24. Dezember 1789

Schiller an Gottfried Körner, 24. Dezember 1789

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Jena d. 24. Dec. [Donnerstag] 89.

Ich bin jetzt voll Erwartung, lieber Körner. Vorgestern erhielt ich die Einwilligung von der Mutter, einer vortreflichen Frau! Gestern schrieb ich an den Herzog um eine Erleichterung. Man sagte mir, daß ich es beym Herzog wohl würde durchsetzen können, und mißrieth mir deßwegen den Schritt, von dem ich Dir in m. letzten Briefe geschrieben habe. In Weimar wird seit einiger Zeit allgemein von meinem Verhältniß mit Lottchen gesprochen, und der Herzog selbst sondirte die Stein darüber. Sie gestand es ihm und da er es billigte, so liess sie ein Paar Worte von Pension fallen, die er nicht ganz abwies. Er hat s. Freude an solchen Dingen, und der Lengef. ist er sehr gut. Ich habe große Hofnung, daß etwas für mich geschehen wird. Einige Jahre, seh ich schon, muß ich das akademische Leben schon noch mit ansehen, wärs auch nur, um die Mutter u: meinen Vater zu beruhigen. Indessen stirbt entweder jemand, den Du weißt, oder es öfnet sich mir sonst eine vortheilhafte Aussicht.

Mit 800 Thlr. kann ich hier recht artig leben. Gäbe mir der Herzog 200 und ich erwürbe durch 4 Vorlesungen des Jahres nur 200, das wenigste was ich rechnen kann: so wären es schon 600 mit den 200, die mir die Mutter jährlich zuschießen kann. Durch Schriftstellerey will ich mir wenigstens ebenso viel als bisher erwerben, da mir in jeder Woche 2 Tage ganz frey, und zusammen gerechnet 2 Monate Ferien im Jahre bleiben. Sind meine Vorlesungen einmal ausgearbeitet, so ist jeder Tag ganz mein eigen. Ich hoffe also auch schon im ersten Jahre mit Abzahlung der Schulden einigen Anfang machen zu können. Schlägt die Unternehmung mit den Memoires ein u: kann der Verleger im Jahre, wie der Plan ist, 8 Bände verschließen, so ist mir dieses ein Object von 100 Louisdors ohne daß ich mehr Arbeit habe als etwa 18-20 Bogen eigene historische Arbeit, und die Correctur. Ich sehe der Zukunft ziemlich ruhig entgegen; fleißiger werde ich seyn, als in meiner bisherigen Lage, weil ich ruhiger und glücklich in mir selbst bin. An Collegiengeld sind mir jetzt doch 8 Ducaten bezahlt, und die meisten zahlen erst gegen Neujahr; so schlecht also auch m. erstes privatum ausgefallen ist, so ist es doch nicht ganz leer, und gibt mir bessere Hofnung fürs künftige. Mehr als einige Jahre werde ich diese Existenz wohl nicht aushalten; aber gewinne ich auch nichts, als daß mir das Ganze der Geschichte dadurch geläufiger wird, so will ich diese 2, 3 Jahre nicht für ganz verloren halten.

Mein Gemüth ist jetzt in einer sehr großen Bewegung, wie Du mir gern glauben wirst. Die schnelle und so edle Einwilligung der Mutter rührte mich sehr; sie muß viele Plane und Hofnungen aufopfern, und alles im Vertrauen auf mich und meine Liebe. Beulwitz schrieb mir kürzlich aus Geneve; und auch von dieser Seite wird sich ein gutes Verhältniß anknüpfen. Könnte ich nur Lottchen hier in Jena eine angenehme Existenz bereiten. Ich muß mich fast ganz allein auf Paulus u. s. Frau einschränken und zum Glück lieben die Frauen einander sehr. Wenn ich mich von allen anderen hiesigen Verhältnissen frey erhalte, so vermeide ich wenigstens Plattitüden.

Ich behalte meine gegenwärtige Wohnung, und miethe auch die übrigen Zimmer auf derselben Etage. Meine Hausjungfern wollen sich dazu verstehen, den Tisch zu besorgen und ich komme wohlfeiler weg als bei eigener Ménage. So brauche ich zu unserer Bedienung niemand, als eine Jungfer für Lottchen; ich behelfe mich mit meinen bisherigen Leuten. Da ich alle Meubles im Hause haben kann, so brauche ich mich auch nicht einzurichten; welches überhaupt nicht rathsam wäre, eh ich weiß, wie lange ich bleibe. Das schwerste also, der Anfang, wird mir ziemlich leicht; und was ich zu m. eigenen Equipirung brauche, ist wohl das meiste. Göschen gibt mir 400 Thlr. für einen Aufsatz über den 30jährig Krieg im historischen Kalender. Die Arbeit ist leicht, da der Stoff so reich und die Behandlung bloß auf die Liebhaber zu berechnen ist. Diese 400 Thlr. kommen mir gar gut um diese Zeit. Einige Bände Memoires, die ich zugleich übersetzen lassen will, Vorschüsse von der Mutter und etwas fixes vom Herzoge, das mir Bertuch vorschießen muß – dieses zusammen schafft mir doch gegen 1000 Thaler in die Hände, womit ich schon recht gut anfangen kann.

Schreibe mir bald, und sage mir, ob Dich meine jetzige Lage freut und befriedigt. Ein andermal wollen wir von unseren Entwürfen reden. Grüße mir Minna und Dorchen. Lebe wohl.

Dein Schiller.