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Don Carlos – 2. Akt, 8. Auftritt

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Carlos (mit ironischem Lächeln).
Auch sogar Der? Ja freilich, gute Fürstin,
Für Den besonders war das nicht.

Prinzessin.        
So wenig,
Als jener Auftritt in der Schloßkapelle,
Worauf sich wohl Prinz Carlos selbst nicht mehr
Besinnen wird. Sie lagen zu den Füßen
Der heil’gen Jungfrau, in Gebet ergossen,
Als plötzlich – konnten Sie dafür? – die Kleider
Gewisser Damen hinter Ihnen rauschten.
Da fing Don Philipps heldenmüth’ger Sohn,
Gleich einem Ketzer vor dem heil’gen Amte,
Zu zittern an; auf seinen bleichen Lippen
Starb das vergiftete Gebet – im Taumel
Der Leidenschaft – es war ein Possenspiel
Zum Rühren, Prinz – ergreifen Sie die Hand,
Der Mutter Gottes heil’ge kalte Hand,
Und Feuerküsse regnen auf den Marmor.

Carlos.
Sie thun mir Unrecht, Fürstin. Das war Andacht.

Prinzessin.
Ja, dann ist’s etwas andres, Prinz – dann freilich
War’s damals auch nur Furcht vor dem Verluste,
Als Carlos mit der Königin und mir
Beim Spielen saß und mit bewundernswerther
Geschicklichkeit mir diesen Handschuh stahl –
(Carlos springt bestürzt auf)
Den er zwar gleich nachher so artig war –
Statt einer Karte wieder auszuspielen.

Carlos.
O Gott – Gott – Gott! Was hab‘ ich da gemacht?

Prinzessin.
Nichts, was Sie widerrufen werden, hoff‘ ich.
Wie froh erschrak ich, als mir unvermuthet
Ein Briefchen in die Finger kam, das Sie
In diesen Handschuh zu verstecken wußten.
Es war die rührendste Romanze, Prinz,
Die –

Carlos (ihr rasch ins Wort fallend).
Poesie! – Nichts weiter. – Mein Gehirn
Treibt öfters wunderbare Blasen auf,
Die schnell, wie sie entstanden sind, zerspringen.
Das war es Alles. Schweigen wir davon.

Prinzessin (vor Erstaunen von ihm weggehend und ihn eine Zeit lang aus der Entfernung beobachtend).
Ich bin erschöpft – all meine Proben gleiten
Von diesem schlangenglatten Sonderling.
(Sie schweigt einige Augenblicke.)
Doch wie? – Wär’s ungeheurer Männerstolz,
Der nur, sich desto süßer zu ergötzen,
Die Blödigkeit als Larve brauchte? – Ja?
(Sie nähert sich dem Prinzen wieder und betrachtet ihn zweifelhaft.)
Belehren Sie mich endlich, Prinz – Ich stehe
Vor einem rauberisch verschloßnen Schrank,
Wo alle meine Schlüssel mich betrügen.

Carlos.
Wie ich vor Ihnen.

Prinzessin (Sie verläßt ihn schnell, geht einigemal stillschweigend im Kabinet auf und nieder und scheint über etwas Wichtiges nachzudenken. Endlich nach einer großen Pause ernsthaft und feierlich).
Endlich sei es denn –
Ich muß einmal zu reden mich entschließen.
Zu meinem Richter wähl‘ ich Sie. Sie sind
Ein edler Mensch – ein Mann, sind Fürst und Ritter.
An Ihren Busen werf‘ ich mich. Sie werden
Mich retten, Prinz, und, wo ich ohne Rettung
Verloren bin, theilnehmend um mich weinen.
(Der Prinz rückt näher, mit erwartungsvollem, theilnehmendem Erstaunen.)
Ein frecher Günstling des Monarchen buhlt
Um meine Hand – Ruy Gomez, Graf von Silva –
Der König will, schon ist man Handels einig,
Ich bin der Creatur verkauft.

Carlos (heftig ergriffen).
Verkauft?
Und wiederum verkauft? und wiederum
Von dem berühmten Handelsmann in Süden?

Prinzessin.
Nein, hören Sie erst Alles. Nicht genug,
Daß man der Politik mich hingeopfert,
Auch meiner Unschuld stellt man nach – Da hier!
Dies Blatt kann diesen Heiligen entlarven.

(Carlos nimmt das Papier und hängt voll Ungeduld an ihrer Erzählung, ohne sich Zeit zu nehmen, es zu lesen.)

Wo soll ich Rettung finden, Prinz? Bis jetzt
War es mein Stolz, der meine Tugend schützte;
Doch endlich –

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