Prinzessin (mit dem vollen Blick der Liebe).
O Carlos!
Wie wenig hab‘ ich Sie gekannt! Wie reich
Und grenzenlos belohnt Ihr schönes Herz
Die schwere Müh‘, es zu begreifen!
(Sie nimmt seine Hand und will sie küssen.)
Carlos (der sie zurückzieht).
Fürstin,
Wie sind Sie jetzt?
Prinzessin (mit Feinheit und Grazie, indem sie starr in seine Hand sieht).
Wie schön ist diese Hand!
Wie reich ist sie! – Prinz, diese Hand hat noch
Zwei kostbare Geschenke zu vergeben –
Ein Diadem und Carlos‘ Herz – und Beides
Vielleicht an eine Sterbliche? – An eine?
Ein großes, göttliches Geschenk! – Beinahe
Für eine Sterbliche zu groß! – Wie? Prinz,
Wenn Sie zu einer Theilung sich entschlössen?
Die Königinnen lieben schlecht – ein Weib,
Das lieben kann, versteht sich schlecht auf Kronen:
Drum besser, Prinz, Sie theilen, und gleich jetzt,
Gleich jetzt – Wie? Oder hätten Sie wohl schon?
Sie hätten wirklich? O, dann um so besser!
Und kenn‘ ich diese Glückliche?
Carlos.
Du sollst.
Dir, Mädchen, dir entdeck‘ ich mich – der Unschuld,
Der lautern, unentheiligten Natur
Entdeck‘ ich mich. An diesem Hof bist du
Die Würdigste, die Einzigste, die Erste,
Die meine Seele ganz versteht. – Ja denn!
Ich leugn‘ es nicht – ich liebe!
Prinzessin.
Böser Mensch!
So schwer ist das Geständniß dir geworden?
Beweinenswürdig mußt‘ ich sein, wenn du
Mich liebenswürdig finden solltest?
Carlos (stutzt).
Was?
Was ist das?
Prinzessin.
Solches Spiel mit mir zu treiben!
O wahrlich, Prinz, es war nicht schön. Sogar
Den Schlüssel zu verleugnen!
Carlos.
Schlüssel! Schlüssel!
(Nach einem dumpfen Besinnen.)
Ja so – so war’s. – Nun merk‘ ich – – O mein Gott!
(Seine Kniee wanken, er hält sich an einen Stuhl und verhüllt das Gesicht.)
Prinzessin (Eine lange Stille von beiden Seiten. Die Fürstin schreit laut und fällt).
Abscheulich! Was hab‘ ich gethan!
Carlos (sich aufrichtend, im Ausbruch des heftigsten Schmerzes).
So tief
Herabgestürzt von allen meinen Himmeln! –
O, das ist schrecklich!
Prinzessin (das Gesicht in das Kissen verbergend).
Was entdeck‘ ich? Gott!
Carlos (vor ihr niedergeworfen).
Ich bin nicht schuldig, Fürstin – Leidenschaft –
Ein unglücksel’ger Mißverstand – Bei Gott!
Ich bin nicht schuldig.
Prinzessin (stößt ihn von sich).
Weg aus meinen Augen,
Um Gottes willen –
Carlos.
Nimmermehr! In dieser
Entsetzlichen Erschüttrung Sie verlassen?
Prinzessin (ihn mit Gewalt wegdrängend).
Aus Großmuth, aus Barmherzigkeit, hinaus
Von meinen Augen! – Wollen Sie mich morden?
Ich hasse Ihren Anblick! (Carlos will gehen.) Meinen Brief
Und meinen Schlüssel geben Sie mir wieder.
Wo haben Sie den andern Brief?
Carlos.
Den andern?
Was denn für einen andern?
Prinzessin.
Den vom König.
Carlos (zusammenschreckend).
Von wem?